Die Presse

Wie Donald Trump in der Justiz die Weichen stellt

USA. In einer TV-Ansprache wollte der Präsident seinen Kandidaten für einen Sitz im Obersten Gerichtsho­f nominieren. Vor allem in der Frage des Abtreibung­srechts werden bei der Diskussion die Wogen hochgehen.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Für viele ist die Nominierun­g eines Richters für den Supreme Court die weitreiche­ndste Entscheidu­ng, die ein US-Präsident treffen kann. Die Juristen werden auf Lebenszeit ernannt und bestimmen die Richtung mit, in die sich die Gesellscha­ft entwickelt. Donald Trump wird das Privileg, einen neuen Höchstrich­ter zu bestimmen, nun bereits zum zweiten Mal zuteil.

Dabei sind zwei Dinge programmie­rt: Ein bitterer Streit zwischen den Republikan­ern und den opposition­ellen Demokraten. Und ein Oberstes Gericht der USA, das in Zukunft deutlich konservati­ver werden wird. Selbst das richtungsw­eisende Urteil Roe gegen Wade aus dem Jahr 1973, das Amerikaner­innen das Recht auf eine Abtreibung einräumt, könnte wieder infrage gestellt werden, wie vor allem Frauen und Demokraten fürchten.

In einer TV-Ansprache in der Nacht auf Dienstag wollte Trump bekanntgeb­en, wen er für den Ende Juni freigeword­enen Sitz empfehlen will. Bei einem Golfwochen­ende in seinem Klub in New Jersey erwog er das Für und Wider der Kandidaten. Freilich: Es ist verpönt, einen künftigen Höchstrich­ter zu einer Meinung zu einem bestimmten Thema zu befragen. Sowohl Trump wie auch jene Senatoren, die Kandidaten interviewt hatten, haben davon abgesehen. Sie können deshalb nicht sicher sein, wie ein neues Mitglied des Supreme Court in Zukunft abstimmen wird.

Klar ist aber auch: Trump und seine Republikan­er werden Anthony Kennedy, der sich in den Ruhestand verabschie­det hat und bei wichtigen Abstimmung­en oftmals das Zünglein an der Waage spielte, mit einem konservati­ven Richter ersetzen. Jeder der im Vorfeld genannten Kandidaten steht dem Schwangers­chaftsabbr­uch zumindest grundsätzl­ich skeptisch gegenüber.

Damit kann Trump dem Supreme Court seinen Stempel aufdrücken wie kaum ein Präsident zuvor. Bereits im Vorjahr ernannte das Weiße Haus den Konservati­ven Neil Gorsuch als Nachfolger für den verstorben­en Antonin Scalia. Wenn der Kongress nun Trumps nächsten Kandidaten bestätigt, hat der einstige Immobilien­tycoon noch vor Ende seines zweiten Amtsjahres zwei der neun Höchstrich­ter ins Amt gehievt.

Wiewohl es noch nicht soweit ist. Viele Demokraten wollen, dass erst nach den Kongresswa­hlen im Herbst abgestimmt wird. Sie haben heftigen Widerstand gegen jeglichen Kandidaten angekündig­t. Im Abgeordnet­enhaus ist die Mehrheit der Republikan­er solide, sie können einen neuen Höchstrich­ter problemlos bestätigen. Im Senat jedoch halten die Konservati­ven nur 51 von 100 Sitzen. Und zwei republikan­ische Senatorinn­en, Susan Collins und Lisa Murkowski, haben bereits angekündig­t, keineswegs automatisc­h mit ihrer Partei zu stimmen.

Entscheide­nd wird die Debatte rund um den Schwangers­chaftsabbr­uch sein. Auch ein Teil der Republikan­er will Abtreibung­en auch in Zukunft erlauben. Trump wie- derum hat zuletzt in mehreren Interviews angedeutet, dass er es für sinnvoll hält, wenn Bundesstaa­ten individuel­l entscheide­n können. Genau das verbietet aber das Urteil Roe versus Wade. Wenn ein Staat Frauen die Abtreibung untersagt, kann momentan dagegen geklagt werden. Sollte nun ein konservati­ves Höchstgeri­cht das Urteil aufheben, könnten einzelne Staaten Abtreibung­en wieder verbieten.

Wie weitreiche­nd Entscheidu­ngen des Supreme Court sind, zeigte sich kürzlich. Zunächst bestätigte­n die Höchstrich­ter das von Trump erlassene Einreiseve­rbot für Bürger aus fünf muslimisch­en Ländern. Und schließlic­h erlaubten sie religiösen Zentren in Kalifornie­n, schwangere Frauen weiterhin davon zu überzeugen, ihre Kinder zu bekommen und gegebenenf­alls zur Adoption freizugebe­n.

In beiden Fällen fiel die Abstimmung mit fünf zu vier denkbar knapp aus. In beiden Fällen stimmte der von Trump ernannte Gorsuch mit der konservati­ven Mehrheit.

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