Der konservative Wunschkandidat und seine Familie
USA. Der Präsident nominiert den konservativen Brett Kavanaugh für den Supreme Court. Abgeordnete der Demokraten kündigen Widerstand an.
Die Präsentation jenes Mannes, der Amerikas gesellschaftspolitische Richtung langfristig mitbestimmen soll, war perfekt inszeniert: US-Präsident Donald Trump nominierte Brett Kavanaugh (im Bild mit seiner Frau Ashley und den Töchtern Margaret und Liza) als seinen Kandidaten für das Oberste Gericht der USA. Die TV-Ansprache stilisierte Trump zur Showeinlage. Der 53-jährige Kavanaugh gilt als konservativ. Für Trump ist er „einer der besten und klügsten Juristen unserer Zeit“.
New York. Es war ein perfekt inszenierter Auftritt ganz nach amerikanischer Schule. In einer minutiös geplanten TV-Ansprache zur Primetime verkündete Donald Trump seine Nominierung für den vakanten Posten eines US-Höchstrichters: Brett Kavanaugh, konservativer Advokat am Bundesgericht in Washington, der einst für den früheren Präsidenten George W. Bush arbeitete.
Der neunköpfige Supreme Court prägt mit seinen Entscheidungen die gesellschaftliche Entwicklung der USA entscheidend mit. Sollte der Kongress Kavanaugh bestätigen, hätte Trump nach Neil Gorsuch bereits den zweiten Höchstrichter ins Amt gehievt und die Balance im wichtigsten juristischen Gremium entscheidend verschoben. Der nun für Kavanaugh vorgesehene Sitz war frei geworden, nachdem sich Anthony Kennedy, der bei vielen Abstimmungen oftmals die Richtung vorgab, in den Ruhestand verabschiedet hatte.
Wie es sich gehört, betonte Trump, den Richter im Auswahlprozess nicht zu seinen persönlichen Meinungen gefragt zu haben. Doch aus den mehr als 300 Stellungnahmen, die Kavanaugh während seiner Zeit als Berufungsrichter in Washington abgab, wird schnell ersichtlich, wie der 53-jährige Familienvater tickt: sehr konservativ.
Es gebe keinen besseren Kandidaten, erklärte Trump im East Room des Weißen Hauses vor versammelter Menge. Der Präsident hoffe nun auf eine schnelle, parteiübergreifende Bestätigung im Kongress. Kavanaugh stand daneben, umgeben von seiner Frau und seinen beiden Töchtern, und lächelte zurückhaltend. Möglicherweise ahnte der Jurist bereits, dass er sich eine schnelle Angelobung mit weitreichender Unterstützung der Demokraten abschminken kann.
Die Opposition fürchtet, dass sich mit Kavanaugh als Höchstrichter das gesellschaftliche Bild der USA nachhaltig verändern könnte. Ganz oben auf der Liste steht die Sorge einer Aufhebung eines Urteils aus dem Jahr 1973, das Amerikanerinnen das Recht auf eine Abtreibung einräumt. Erst kürzlich entschied der Supreme Court, dass religiöse Zentren Schwangere weiterhin davon überzeugen dürfen, ihre Kinder zu bekommen und gegebenenfalls zur Adoption freizugeben.
Mit Kavanaugh würden solche Entscheidungen in Zukunft wahrscheinlicher, und entsprechend positionieren sich Demokraten, um eine Bestätigung zu verhindern. Kavanaugh werde „den Weg zur Tyrannei ebnen“, sagte Jeff Merkley, Senator aus Oregon. Und Chuck Schumer, Chef der Demokraten im Senat, kündigte an: „Ich werde mich mit allem, was ich habe, der Nominierung von Brett Kavanaugh entgegenstellen.“
Um zum Höchstrichter ernannt zu werden, muss Kavanaugh vom Repräsentantenhaus und vom Senat bestätigt werden. Die Abstimmung im Haus ist Formsache, dort verfügen die Republikaner über eine solide Mehrheit. Im Senat hingegen steht ein heftiger Kampf an. Die Konservativen halten 51 von 100 Sitzen, und mit John McCain, der in Arizona gegen seinen Gehirntumor kämpft und wohl nicht abstimmen wird, verlieren sie eine wichtige Stimme.
Parteien suchen Verbündete
Wenn sich die Demokraten geschlossen gegen Kavanaugh stellen und nur ein Republikaner mitzieht, könnte sich die Ernennung bis nach den Wahlen im November verzögern. Die Konservativen wiederum hoffen auf einzelne Demokraten, die angedeutet haben, unter Umständen auch für Kavanaugh zu stimmen. Entsprechend haben beide Parteien ihre Wahlkampfmaschinerien angeworfen, um eine Handvoll an Senatoren auf ihre Seite zu ziehen.
Am besten rückte wohl Donald Trump selbst die Bedeutung ins rechte Licht: Abgesehen von Krieg oder Frieden sei die Nominierung eines Höchstrichters die wichtigste Entscheidung, die ein US-Präsident treffen kann, sagte er, ehe er Kavanaugh zum Rednerpult bat.