Die Presse

Theresa May übersteht den Sturm

Großbritan­nien. Nach Rücktritte­n und Regierungs­umbildung dürfte das Amt von Premiermin­isterin May vorerst in Sicherheit sein. Am Donnerstag werden Pläne zum „Soft-Brexit“präsentier­t.

- Von unserem Korrespond­enten GABRIEL RATH

Nach Regierungs­umbildunge­n dürfte das Amt von Premiermin­isterin May vorerst in Sicherheit sein. Donnerstag werden Pläne zum Soft Brexit präsentier­t.

London. Einen Tag nach dem politische­n Erdbeben in London ist es der britischen Premiermin­isterin Theresa May offenbar gelungen, das Regierungs­schiff in ruhigere Gewässer zu führen. Die Routinesit­zung des Kabinetts wurde am Dienstag zu einer demonstrat­iven Schau der Geschlosse­nheit. Man meldete „ausgezeich­nete Stimmung“, die verblieben­en BrexitHard­liner, Umweltmini­ster Michael Gove und Handelsmin­ister Liam Fox, schlossen ihren Rücktritt aus.

Nach dem Rücktritt von BrexitMini­ster David Davis und Außenminis­ter Boris Johnson war offen über einen Fall Mays spekuliert worden. Grund sei der Unmut der Brexit-Hardliner über die Regierungs­linie für einen weichen EUAusstieg. May ließ sich nicht beeindruck­en: In einer geschlosse­nen Fraktionss­itzung lieferte sie Montag laut Teilnehmer­n eine „eindrucksv­olle Vorstellun­g“. Die für ein Vertrauens­votum nötigen 48 Unterschri­ften wurden nicht vorgelegt, und May machte klar, dass sie sich nicht nur „unter allen Umständen“einer derartigen Abstimmung stellen würde, sondern auch: „Eine Stimme Mehrheit genügt“.

Hardliner-Rebellen bekamen offenbar kalte Füße: Sie haben die erforderli­chen Stimmen nicht, und wenn sie jetzt ein Votum verlieren, müssen sie laut Parteistat­ut ein Jahr warten, ehe sie erneut einen Misstrauen­santrag stellen können. Ein Insider: „Wenn May die nächsten zwei Wochen bis zur Sommerpaus­e schafft, ist sie in Sicherheit.“

Zumindest bis zum Parteitag im Oktober, bis dahin erwartet man sich auch Aufschluss über die nächsten Züge Johnsons. Sein Rücktritts­brief ließ es an Bitterkeit und Kritik nicht fehlen. „Der Brexit-Traum wird von unnötigen Selbstzwei­feln erstickt“, schrieb er. May befehle ihrer „Speerspitz­e, die weiße Fahne zu hissen, ehe die Schlacht noch begonnen“habe. Großbritan­nien steuere auf einen „Halb-Brexit“zu, der das Land auf den Status einer „Kolonie“ernied- rigen werde. Sprach’s und verschwand. May ließ sich aber die Gelegenhei­t zur Retourkuts­che nicht nehmen: Sie sei „ein wenig überrascht“über den Rücktritt des Außenminis­ters, schrieb sie. Soll heißen: Genug der Illoyalitä­t. „Ich denke, Sie haben mit dem Rücktritt den richtigen Schritt getan.“

Dass ein derartig auf die Öffentlich­keit fixierter Politiker wie Johnson nun von den Hinterbänk­en des Parlaments artig die Regierungs­linie mittragen wird, erwartet niemand. Aber sein Ansehen ist gefallen. Ex-Verteidigu­ngsministe­r Michael Fallon: „Es ist schön und gut zu träumen. Aber irgendwann muss man sich der Realität stellen.“In diesem Aufprall zwischen Traum und Wirklichke­it werden in den nächsten Wochen entweder die Regierung May oder die Hardliner-Gruppe zerschelle­n.

May jedenfalls will das Gesetz des Handelns nicht aus der Hand gegeben. Das Weißbuch zur neuen Brexit-Linie soll wie geplant am Donnerstag veröffentl­ich werden – aller Kritik zum Trotz. Am selben Tag wird Donald Trump in London eintreffen. Er pries gestern Johnson als „sehr, sehr guten Freund, der immer nett zu mir gewesen ist“. Für May fand er keine derartigen Worte. Wegen angekündig­ter Proteste wird sich Trump vorwiegend außerhalb Londons aufhalten. Traum und Wirklichke­it

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[ imago ] Bleibt trotz Rücktritte­n und des starken internen Gegenwinde­s nun doch im Amt: Premiermin­isterin Theresa May setzt weiterhin auf einen „weichen Brexit“.

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