Trumps Showdown bei der Nato
Europareise. Der US-Präsident kommt zum Nato-Gipfel und spart sich im Vorfeld die Freundlichkeiten. Das Militärbündnis steht an der Kippe, weil die USA nicht länger den Großteil des Budgets stemmen wollen.
New York. Es wird kein freundlicher Besuch. Wenn Donald Trump am Mittwoch in Brüssel am Gipfel der Nato teilnimmt, wird der US-Präsident die anderen Mitglieder des Militärbündnisses wieder einmal frontal angreifen. Die europäischen Staaten, allen voran Deutschland, müssten mehr zum Budget beisteuern. Die USA werden nicht länger den Zahlmeister spielen, ließ Trump im Vorfeld wissen. Tatsächlich hängt das 1949 gegründete Sicherheitsbündnis von den USA ab und wenn Trump seine Drohungen wahr macht, würde es in eine existenzielle Krise stürzen. Im Durchschnitt geben die 29 Mitglieder der Nato 2,42 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für das Militär aus, wobei die USA mit 3,57 Prozent an der Spitze liegen. Insgesamt finanziert Washington knapp drei Viertel der Militärausgaben des Bündnisses. Kurzum: Wenn Trump den Stecker zieht, liegt die Nato danieder.
Trump hat sich auf Berlin eingeschossen
Sowohl die Europäer wie auch die USA wissen das. Entsprechend schlossen die Mitglieder 2014 eine Vereinbarung ab, wonach jedes Land die Militärausgaben schrittweise bis zum Jahr 2024 auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung erhöhen muss.
Im Vorjahr gaben die europäischen Mitglieder im Durchschnitt 1,46 Prozent für das Militär aus, ein leichtes Plus im Vergleich zu 2016. Trump ist das zu wenig. Er hat sich vor allem auf Berlin eingeschossen, das mit einem Etat von 1,2 Prozent deutlich unter dem Zielwert liegt. Als der frisch gewählte Präsident 2017 erstmals mit Kanzlerin Angela Merkel zusammenkam, soll er das Treffen mit den Worten „Angela, du schuldest mir eine Billion Dollar“eröffnet haben. Auf diesen gerundeten Betrag kam Trump, indem er die fehlenden Militärausgaben seit Anfang des Jahrtausends aufsummierte.
Trumps Auftritt am Nato-Gipfel in Brüssel ist Teil einer einwöchigen Europareise. Am Donnerstag fliegt Trump nach London, wo er von Premierministerin Theresa May sowie Queen Elizabeth II. empfangen wird, und am Montag kommt es zum mit Spannung erwarteten Gipfel mit Russlands Präsidenten, Wladimir Putin, in Helsinki.
Mit Schaudern erinnert sich die Welt der Diplomatie an den gescheiterten Gipfel der G7 in Kanada im Vormonat zurück. Damals zerstritt sich Trump vor allem mit Kanadas Premier Justin Trudeau sowie mit Kanzlerin Angela Merkel in Handelsfragen und es kam zu keiner gemeinsamen Abschlusserklärung. Seither hat sich der Konflikt weiter zugespitzt, zuletzt drohte Trump unter anderem mit hohen Importtarifen auf Autolieferungen in die USA. Das würde vor allem der Exportnation Deutschland stark zusetzen.
Dass es im Zuge des Treffens in Brüssel zu weitreichenden Vereinbarungen oder Friedenssignalen kommt, halten Beobachter deshalb für nahezu ausgeschlossen. Es gilt schon als Erfolg, wenn der Gipfel ohne nennenswerten Eklat über die Bühne geht. Mit Argusaugen blickt vor allem Moskau in Richtung Belgien. Die Nato dient Mitgliedern wie den baltischen Staaten als wichtiger Schutzschild gegen Russland. Putin würde von einer Schwächung der Allianz als größter Nutznießer im geopolitischen Machtkampf hervorgehen.
„Ihr werdet eure Rechnungen bezahlen“
Wie schon im Juni, als Trump unmittelbar nach dem Streit beim Gipfel der G7 in Quebec dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un in Singapur die Hand schüttelte, sorgte auch diesmal der Reiseplan des USPräsidenten im Vorfeld für Verstimmung. Es macht kein gutes Bild, wenn die sogenannte westliche Welt in Brüssel sprichwörtlich die Messer wetzt, ehe sich Trump mit dem einstigen gemeinsamen Gegner Putin in Helsinki ein freundliches Stelldichein gibt.
Doch die transatlantischen Gräben sind zu tief, als das sich Trump von seiner Mission einer in seinen Augen faireren Nato abbringen lässt. „Ich werde der Nato erzählen: Ihr werdet endlich eure Rechnungen bezahlen“, brüllte er kürzlich bei einer Wahlkampfveranstaltung in Montana. In Brüssel wird der US-Präsident unter anderem ein Vieraugengespräch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg führen.
Im Endeffekt stellt sich die Frage, inwiefern die USA auch Jahrzehnte nach dem erfolgreichen Wiederaufbau Europas das Militärbündnis weiter finanzieren sollen. Es ist ein Streit ohne absehbare Lösung, der die Existenz der Nato gefährdet.