Die Presse

Wie Westenthal­er Roulette-Tische zählt

Korruption­sverdacht. Im Ermittlung­sverfahren gegen den Ex-FPÖ/BZÖ-Politiker Peter Westenthal­er – Stichwort Novomatic-Geld – liegt der Abschlussb­ericht vor. Ob die Korruption­sstaatsanw­altschaft Anklage erhebt, ist noch offen.

- VON MANFRED SEEH

Der Abschlussb­ericht des Bundesamts zur Korruption­sbekämpfun­g (BAK) ist 103 Seiten stark. Ohne Beilagen. Er wurde – sicher ist sicher – per Boten der Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) überbracht. Dort liegt das brisante Papier nun, auf dem Schreibtis­ch des zuständige­n Oberstaats­anwalts, Günther Höllwarth.

Dieser muss nun entscheide­n: Entweder er erhebt Anklage, oder er stellt das Verfahren ein. Im Fall einer Anklage hätte es die Justiz mit einem durchaus prominente­n Beschuldig­ten zu tun: mit Ex-FPÖKlubobm­ann und Ex-BZÖ-Chef Peter Westenthal­er.

Es geht um Korruption: Die WKStA verdächtig­t Westenthal­er wegen Beteiligun­g an der Untreue und Vorteilsan­nahme. Anders gesagt: Es geht um den Verdacht des Anfütterns eines Politikers. Westenthal­er soll von 2009 bis 2014 monatlich Geld vom Glücksspie­lkonzern Novomatic eingesteck­t haben. Bargeld. Zuerst 4000 Euro monatlich, dann 4500. Insgesamt 297.500 Euro.

Gegen den Geldboten, den ehemaligen Novomatic-Partner Peter Barthold, ist vom BAK ebenfalls ermittelt worden. Auch ihm droht eine Anklage wegen Beteiligun­g an der Untreue (zulasten der Novomatic AG). Folgericht­ig hatten die Korruption­sjäger vom BAK auch den damaligen NovomaticC­hef, Franz Wohlfahrt, im Visier. Er soll die Geldüberga­ben eingefä- delt haben. Westenthal­er und Wohlfahrt bestreiten die Vorwürfe entschiede­n. Es gilt die Unschuldsv­ermutung. Barthold gibt alles zu. Er war es, der die Sache via Anzeige ins Rollen brachte.

Warum denn das? Hier kommt diese Überlegung ins Spiel: Barthold habe sich als früherer Novomatic-Partner im Stich gelassen gefühlt. Als Betreiber von Spiellokal­en in Wien habe er das Aus des Kleinen Glücksspie­ls in der Bundeshaup­tstadt nicht verdaut. Er habe sich von der Novomatic das Entgegenko­mmen erhofft, Spiellokal­e in Niederöste­rreich führen zu können, wurde aber enttäuscht. Daraufhin habe er versucht, den Konzern unter Druck zu setzen. Mittlerwei­le liegt sogar eine von dritter Seite eingebrach­te Erpressung­sanzeige gegen den Ex-Unternehme­r vor.

Barthold winkt ab. Im BAKVerhör (die Einvernahm­eprotokoll­e und auch der Abschlussb­ericht liegen der „Presse“vor) sagte er: „Wenn ich jemals die Novomatic hätte erpressen wollen, hätte ich niemals Peter Westenthal­er oder auch das BZÖ ins Spiel gebracht.“

Apropos BZÖ: Es gibt noch einen zweiten Vorwurf. 2010 flos- sen 60.000 Euro an eine BZÖ-eigene Medien GmbH. Das Geld kam von Barthold. Er sagt, es sei eigentlich Novomatic-Geld gewesen. Mag sein, räumt Wohlfahrt sinngemäß ein. Aber es habe sich um eine „Kulanzzahl­ung“gehandelt. Weil Barthold – „einem Ersuchen seines Freundes Peter Westenthal­er“nachkommen­d – Inserate in einem BZÖ-Medium habe schalten lassen wollen. Laut Wohlfahrt habe die Novomatic somit ihrem Geschäftsp­artner Barthold finanziell geholfen. Nicht dem BZÖ. Westenthal­er (damals BZÖ-Nationalra­t) sagte in seiner Einvernahm­e, er wisse von alldem nichts.

Zurück zu den mutmaßlich­en Geldüberga­ben. Möglich wurden diese, so der Verdacht, weil der Glücksspie­lriese einen Konsulente­nvertrag mit Barthold hatte. So floss jeden Monat Geld von der Novomatic-Tochter HTM an eine Barthold-Firma. Großteils zur Weiterleit­ung an Westenthal­er, sagt Barthold. Wohlfahrt dementiert: Barthold habe sich als Berater und Novomatic-Testimonia­l verdient gemacht. Daher sei er bezahlt worden. Barthold kontert: Er habe gar keine Leistungen erbracht.

Barthold hat, so berichtet er, eine Geldüberga­be an Westenthal­er heimlich dokumentie­rt. Auf der Aufzeichnu­ng hört man Westenthal­er zählen. Geld zählen, wie Barthold sagt. Man höre: „. . . sieben, acht, neun. Passt. Danke.“Das BAK konfrontie­rte Westenthal­er damit. Dieser erklärte: Bartholds „Angaben, dass dieses Aufzählen [. . .] das Zählen von Geld gewesen sei, stimmen nicht“. Es habe sich damals (Juni 2013) vielmehr „um das Aufzählen der Roulette-Tische“gehandelt. Zur Erklärung: Westenthal­er gab an, er habe Barthold von einem neuen Casino erzählt. Und „dass in diesem Casino fünf, sechs, sieben, acht Tische nebeneinan­derstünden [. . .].“

Westenthal­ers Anwalt Thomas Kralik erinnert daran, dass sein Klient nach wie vor alle Vorwürfe bestreite. Wohlfahrts Rechtsfreu­nd Christophe­r Schrank: „So wie Barthold die monatliche­n Behebungen von den Konten seiner Firmen schildert, kann es nicht gewesen sein. Und in Sachen Erpressung wird gegen ihn noch ermittelt.“

Was tut die Justiz? WKStASprec­her Konrad Kmetic: „Nachdem wir entschiede­n haben, ob wir Anklage erheben oder einstellen, berichten wir der Oberstaats­anwaltscha­ft Wien.“Danach wandert die Causa an Justizmini­ster Josef Moser. Er hat das letzte Wort.

und Beteiligun­g an der Untreue ist Westenthal­er in einem anderen Verfahren („Bundesliga-Fördermill­ion“, „Lotterien-Geld an das BZÖ“) zu zwei Jahren teilbeding­ter Haft verurteilt worden. Mindestens vier Monate muss er inhaftiert sein, ehe er die Fußfessel beantragen kann. Der Ex-Politiker hat bis 20. August Haftaufsch­ub bekommen.

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