Nicht alle Tifosi schweben auf Wolke CR7
Juventus Turin. Cristiano Ronaldos Millionentransfer sorgt nicht nur für Euphorie bei der „Alten Dame“: Zahlreiche Stars des Klubs finden sich auf der Verkaufsliste wieder, Fiat-Mitarbeiter empört das Gehalt des Weltfußballers.
Turin/Wien. Es war einer der kurzen Momente der Demut im Sportlerleben des Cristiano Ronaldo. Noch im Trikot von Real Madrid hatte der Weltfußballer mit einem bemerkenswerten Fallrückzieher Juventus Turin in der Champions League gerade auf die Verliererstraße geschossen. Und dennoch applaudierten ihm die Tifosi für dieses Kunststück. Applaus von den gegnerischen Fans, so etwas habe er noch nie erlebt, erklärte ein gerührter Ronaldo an diesem Abend Anfang April in Turin.
Die Geste des Juventus-Anhangs war wohl mitentscheidend für Ronaldo, als er beschloss, beim italienischen Meister anzuheuern. Schließlich hatte er diesen Respekt in Madrid vermisst, weniger von den Fans, denen er in einem Brief seine Dankbarkeit ausrichten ließ („die möglicherweise glücklichsten Jahre meines Lebens“). Sondern vonseiten der Klubführung um Präsident Florentino Perez,´ der längst seine Augen auf Neymar, Kylian Mbappe´ und Eden Hazard geworfen haben soll.
Die Fußballfans in Italien aber schweben sprichwörtlich auf Wolke sieben. Wolke CR7. „Unglaublich, aber wahr: Er kommt!“, schwärmte „Gazzetta dello Sport“euphorisch. Andere überschlugen sich mit Superlativen, sprachen vom „Geschäft des Jahrhunderts“, einem „Meisterstück“, ja gar der „Ankunft eines Außerirdischen“.
Gleichzeitig aber wird gerechnet, wie Juventus den Transfer finanzieren will. Verschiedenen italienischen Medienberichten zufolge sollen Juventus und der Klubeigentümer, Fiat-Chef Andrea Agnelli, für das gesamte RonaldoPaket 340 bis 400 Millionen Euro hinblättern müssen. Der Transfer kostet die „Alte Dame“nach eigenen Angaben insgesamt 112 Millionen Euro. Dazu komme das beachtliche Nettogehalt des 33-jährigen Portugiesen von insgesamt 120 Millionen Euro für die kommen- den vier Spielzeiten. Inklusive Steuern und Abgaben sei brutto schnell mit 300 Millionen Euro zu rechnen.
Ob sich der Verein einen solchen finanziellen Kraftakt leisten kann, ist in Italien derzeit Gegenstand von Debatten. Laut Medienberichten sollen 30 Millionen Euro aus den Kassen von Fiat kommen. Ronaldo solle im Gegenzug zur Werbefigur der Automarke werden. So lauteten zumindest die Vorstellungen.
Viele Fiat-Mitarbeiter, die seit Jahren mit eingefrorenen Gehältern auskommen müssen, sind alles andere als erfreut. In einer Mitteilung der Arbeitervertreter des Werks in Melfi wird ein Proteststreik zwischen dem 15. Juli am Abend und 17. Juli in der Früh angekündigt. Das Geschäft mit Ronaldo sei „nicht hinnehmbar“, hieß es. „Ist es normal, dass eine einzelne Per- son Millionen verdient und Tausende von Familien mit ihrem Geld nicht bis Mitte des Monats auskommen?“, fragte die zuständige Gewerkschaft.
Juve-Stars im Angebot
Bei Juventus gilt es jedenfalls, Geld aufzutreiben. So verdichten sich die Gerüchte über den möglichen Verkauf einiger Stars. Der FC Liverpool zum Beispiel wolle 90 Millionen Euro für den Argentinier Paulo Dybala anbieten, schrieb „Tuttosport“am Mittwoch. Auch der argentinische Nationalspieler Gonzalo Higua´ın soll auf der Verkaufsliste stehen.
Während der italienische Meister im Mittelpunkt des Transfergeschehens steht, gaben die Aktien von Juventus am Mittwoch wegen Gewinnmitnahmen um sechs Prozent nach. Vom 28. Juni, als die ersten Ronaldo-Gerüchte aufgetaucht waren, bis zur offiziellen Bekanntgabe am Dienstagabend hatten die in Mailand gehandelten Titel um 37,7 Prozent an Wert zugelegt.