Die Presse

Trump verunsiche­rt die Bullen

Die Experten von Allianz Invest sehen ein Ende der Euphorie auf den Finanzmärk­ten. Hauptursac­he ist die protektion­istische Handelspol­itik des US-Präsidente­n.

- VON HEDI SCHNEID

„Auf den großen Aktienmärk­ten der Welt, vor allem in den USA und Deutschlan­d, erleben wir den längsten Bullenmark­t seit 50 Jahren“, schrieben die Experten der Allianz Invest in ihrem Marktberic­ht zu Jahresbegi­nn. Trotz der damals guten Prognosen für die Weltwirtsc­haft im laufenden Jahr fügten sie hinzu: „Die Luft für neue Rekorde wird dünner.“

Wie dünn, das weiß man nach den ersten sechs Monaten dieses Jahres: Zwar ist das globale Wachstum weiter robust, wobei allerdings inzwischen die USA der Treiber sind, während in Europa und China das Momentum deutlich abflacht. „Die extrem positiven Prognosen zu Jahresbegi­nn haben sich nicht erfüllt“, betonte AllianzInv­est-Geschäftsf­ührer Christian Ramberger am Mittwoch.

Ein Blick auf die Indizes diesund jenseits des Atlantiks bestätigt die Enttäuschu­ng: Seit dem großen Rückschlag Anfang Februar bewegen sich so gut wie alle Indizes von Dow Jones über DAX und Eurostoxx 50 bis zum österreich­ischen ATX im Zickzackku­rs. Auf deutlich niedrigere­m Niveau. Naht also das Ende des Bullenmark­ts, und tauchen wir wieder in dunkle Zeiten ein? Oder legen die Märkte nur jene Korrekturp­ause ein, die von den Optimisten als längst fällig und gesund bezeichnet wird?

Eine eindeutige Antwort fällt Experten schwer – und sie variiert, je nachdem, ob man Optimisten (Bullen) oder Pessimiste­n (Bären) fragt. Faktum ist, die Bullen scheinen schwer verunsiche­rt.

Die Ursachen für die Nervosität, die sich in wachsender Volatilitä­t der Kurse widerspieg­elt, sind freilich keineswegs schlechte Fundamenta­ldaten, also Unternehme­nsergebnis­se. Im Gegenteil: Durch die Bank gute Geschäftsz­ahlen haben im Frühjahr größere Kursde- bakel verhindert und dürften das auch jetzt zum Halbjahr tun.

Es sind vielmehr geopolitis­che Risken, allen voran die erratische Wirtschaft­spolitik von US-Präsident Donald Trump, die für „erhebliche Verunsiche­rung“sorgen. Seine protektion­istische Handelspol­itik werde zunehmend „zu einer realen Gefahr für den Wachstumsa­usblick und beeinträch­tigt bereits die Stimmung in der Industrie“. Jede weitere Ankündigun­g von Zöllen und Gegenzölle­n treffe die Börsen angesichts der Verzahnung des Welthandel­s ins Mark.

Dazu kommen noch andere Faktoren, allen voran die Geldpoli- tik: Während die US-Notenbank Fed schon an der Zinsschrau­be dreht und ihre Bilanzsumm­e reduziert, dürfte die Europäisch­e Zentralban­k zwar die Anleihenkä­ufe wie angekündig­t auslaufen lassen, den ersten Zinsschrit­t aber nicht vor Herbst 2019 machen. Im Gleichschr­itt zur Ausweitung des Zinsdiffer­enzials zu anderen Währungen, kombiniert mit der Stärke der US-Wirtschaft habe dies zu einer sichtbaren Erholung des Dollars geführt, heißt es in der AllianzInv­est-Analyse. Das bringe wiederum die Schwellenl­änder unter Druck. Dieses Szenario bezeichnet­e die Bank of America als Indikator für eine neue Weltfinanz­krise.

„Wenn die USA in eine Rezession schlittern, kann sich die Welt nicht entziehen“, meinte dazu Ramberger. Er schätzt allerdings die Gefahr, dass es zu einer Krise wie 2008/09 kommt, gering ein – obwohl die Staatsvers­chuldung überall hoch sei und die Notenbanke­n ihre Munition großteils verschosse­n hätten.

Anleger sollten dennoch nicht in Panik verfallen, obzwar sie allzu hohe Erwartunge­n zurückschr­auben sollten. Grundsätzl­ich rät die Allianz Invest wie viele andere Analysehäu­ser, Aktien gegenüber Anleihen überzugewi­chten. „Am Jahresende werden wir kleine Gewinne sehen.“(eid)

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