Warum der Sachwalter ausgedient hat
Seit Anfang Juli gelten mit dem Erwachsenenschutzgesetz verbesserte Regeln für die Vertretung von psychisch kranken Menschen. Was ändert sich? Was wird besser? Ein Überblick.
1 Warum wird die Sachwalterschaft neu geregelt?
In den vergangenen Jahren wurde bei psychisch kranken Menschen immer früher der Ruf nach einem Sachwalter laut. Eine genauere Auseinandersetzung mit den Problemen unterblieb oftmals. Dieser Trend spiegelte sich in den Zahlen wider: 2003 hatten in Österreich ungefähr 30.000 Personen einen Sachwalter. 2016 waren es schon fast doppelt so viele.
Abgesehen von dieser Ausgangslage ist Österreich laut einem UN-Übereinkommen verpflichtet, Maßnahmen zu setzen, um Betroffenen weitgehend Handlungsfähigkeit zu ermöglichen. Aus diesen Gründen wurde das Sachwalterrecht auf neue Beine gestellt. „Nun haben wir ein inhaltlich gutes Gesetz. Die Interessen der Betroffenen stehen stärker im Mittelpunkt als früher“, meint der Präsident der Dachorganisation der Anwaltskammern, Rupert Wolff.
2 Wie bereitet man sich auf psychische Beeinträchtigungen vor?
Laut dem nun in Kraft getretenen Gesetz durch eine Vorsorgevollmacht. „Ihr Vorteil ist, dass man sie maßgeschneidert erstellen kann. Man kann beispielsweise eine Person als Vertreter in medizinischen Angelegenheiten vorsehen und eine andere mit der Vermögensverwaltung betrauen“, erläutert der Wiener Notarsubstitut Andreas Tschugguel. Dazu muss man wissen: Die Notare haben ebenso wie die Anwälte an der Entstehung des Gesetzes mitgearbeitet. Vertreter beider Berufsgruppen wurden zuletzt öfter als Sachwalter herangezogen.
Eine Vorsorgevollmacht muss bei einem Notar, einem Anwalt oder einem Erwachsenenschutzverein erstellt werden. „Der Gesetzgeber hat angesichts der Komplexität des Themas den Beratungsbedarf erkannt und darauf reagiert“, so Tschugguel. Die Vollmacht ist ins Österreichische Zentrale Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) einzutragen.
3 Was kann jemand tun, der eingeschränkte Fähigkeiten hat?
Wer nicht mehr voll geschäftsfähig ist, aber in Grundzügen versteht, worum es bei einer Bevollmächtigung geht, kann seinen Vertreter selbst bestimmen. Etwa ein Familienmitglied oder einen Freund („gewählte Erwachsenenvertretung“). Diese Vertretungsform (eine adäquate Regel gab es bisher nicht) muss auch bei einem Anwalt, einem Notar oder einem Erwachsenenschutzverein aufgesetzt werden. Sie ist unbefristet. Der Vertreter muss dem zuständigen Gericht einmal jährlich berichten.
4 Wie sieht nun die gesetzliche Erwachsenenvertretung aus?
Wer seine Vertretung nicht mehr selbst wählen kann (und auch keine Vorsorgevollmacht unterschrieben hat), kann durch Angehörige vertreten werden. Bisher übernahmen dies Eltern, Großeltern, Kinder, Enkelkinder, Ehegatten oder eingetragene Partner. Künftig sind auch Geschwister, Nichten und Neffen als Vertreter zugelassen. Die gesetzliche Erwachsenenvertretung muss ins ÖZVV eingetragen werden. Die Vertretung durch Angehörige wird gerichtlich kontrolliert. Sie ist auf drei Jahre befristet. Nach diesem Zeitraum wird sie gegebenenfalls erneuert.
5 Was wird aus den bisherigen Sachwalterschaften?
Diese werden in gerichtliche Erwachsenenvertretungen umgewandelt. Aus Sachwaltern werden also Erwachsenenvertreter. Deren Befugnisse werden aber klarer als bisher auf bestimmte Vertretungsbereiche beschränkt. Ebendiese Bereiche (medizinische Versorgung, Finanzen etc.) werden in einem gerichtlichen Bestellungsbeschluss festgehalten. Bis 1. Jänner 2024 müssen die Gerichte alle derzeit existierenden 60.000 Sachwalterschaften überprüfen und auf das neue System umstellen. Auch diese Vertretungsform wird alle drei Jahre geprüft. Sie sei künftig nur mehr als Ultima Ratio gedacht, so die Notariatskammer.