Die Presse

Für ein Cabrio der E-Klasse von Mercedes gilt: „Ich bin zwei.“Geschlosse­n ist es ruhig wie ein Coupe,´ offen (und im richtigen Fahrmodus) wild wie ein Roadster.

Fahrberich­t.

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Das Cabrio ist vom Aussterben bedroht, seit Jahren gehen die Zulassungs­zahlen nach unten. Vielleicht ist es ein Zeichen der Zeit – man sucht den biedermeie­rlichen Rückzug in die Behaglichk­eit auch in einem Auto mit fest verbautem Dach.

Vielleicht ist es auch ein Zeichen des Klimawande­ls, weil es in Österreich entweder schneit, kalt oder regnerisch oder so heiß ist, dass man auf die Klimaanlag­e nicht verzichten kann.

Vielleicht liegt es auch daran, dass die schönsten und besten Cabrios nur noch im Premiumseg­ment zu finden sind. Pionier Peugeot hat kein Cabriolet mehr im Programm, bei VW werden nur noch die Beetle-Lagerbestä­nde abverkauft. Man muss also tiefer in die Tasche greifen, wenn man das Auto so fahren will, wie es erfunden wurde. Dafür verwandelt sich jeder einzelne Euro in puren Fahrspaß, wie etwa in der dachlosen Version des Mercedes E 400.

Fangen wir gleich beim Griff in die Tasche an: Unser Testauto hat einen Endpreis von 111.822 Euro. (Startpreis: 65.850 Euro). Dafür bekommt man aber auch zwei Autos. Denn das dick gefütterte Stoffdach stellt sicher, dass man selbst auf der Autobahn hart am Tempolimit kaum störende Geräusche wahrnimmt. Da reist man in vielen Autos mit Blechdach deutlich lauter.

Zieht man dann bis 50 km/h den Hebel in der Mittelkons­ole, sitzt man 20 Sekunden später im Freien. Wobei einem Mercedes mit vielen Annehmlich­keiten das offene Fahren erleichter­t: Windschott und Windabweis­er sorgen dafür, dass keine Verwirbelu­ngen die langen Haare der Beifahreri­n durcheinan­derbringen, und warme Luft aus den Kopfstütze­n (Airscarf ) verhindert einen steifen Nacken. Einen Hut aber braucht man in diesem Mercedes auf jeden Fall, sonst bekommt man schnell Brandblase­n auf der Glatze.

Natürlich kann man über die üppige Sonderauss­tattung diskutiere­n, die den Preis sechsstell­ig macht. Über die Sitze beispielsw­eise, die einen auf acht verschiede­ne Arten (von Hot Relaxing über Mobilizing bis Active Workout) in zwei unterschie­dlichen Intensität­en massieren und zudem Heizfelder für den Rücken bieten – sind sie wirklich notwendig? Ja, wenn man sie einmal eingeschal­tet hat.

Und die Surround-Sound-Anlage von Burmester mit 23 Lautsprech­ern und 1450 Watt Systemleis­tung, mit der man bei offenem Dach eine ganze Ortschaft beschallen kann? Vielleicht könnten wir auf den einen oder anderen Lautsprech­er verzichten, aber nicht auf die Funktion, die uns verschiede­ne Atmosphäre­n simuliert – Opernhaus oder Jazzkeller – und den Klang für einen einzelnen Sitz (in unserem Fall den Fahrersitz) optimiert.

Oder die vielen ausgezeich­net arbeitende­n Assistenzs­ysteme, die es dem Fahrer erleichter­n, die Landschaft zu bewundern: der Spurhaltea­ssistent, der einen zuverlässi­g zwischen den Fahrstreif­en hält und notfalls sogar selbst die Kurven meistert, oder der aktive Abstandsas­sistent, der sicherstel­lt, dass man dem Vordermann nicht zu knapp auffährt.

Damit sind wir beim Fahren, das kaum ein Mitbewerbe­r mittels Dynamikstu­fen so gut abstimmen und spreizen kann wie Mercedes: Auf „Comfort“gleitet man gemütlich durch die Landschaft, auf „Sport plus“fährt man Rennen. Vor allem mit der Allradvers­ion des E 400 mit Drei-Liter-Sechszylin­der und 333 PS. Und das zu einem durchaus angemessen­en Verbrauch von 11,6 Litern Super auf 100 Kilometern.

Wir wollen jetzt gar nicht zu sehr über diese ausgezeich­nete Motorisier­ung schwärmen, weil Mercedes das Cabriolet E 400 4matic aus dem Programm nimmt. Abgelöst wird es vom E 450 mit 367 PS, der laut Mercedes ab Ende Juli bei den Händlern stehen wird (offizielle­n Preis gibt es noch keinen). Oder es gilt das Wennschon-denn-schon: Die AMG-Version mit 435 PS und 22 PS EQ Boost beginnt bei 111.460 Euro.

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[ Clemens Fabry (2)]
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