Ende der Quote schmerzt die Agrana
Die Liberalisierung des EU-Zuckermarktes lastet auf den Zahlen des heimischen Frucht-, Zucker- und Stärkekonzerns. Die Aktie bewegte sich im vergangenen Jahr deutlich nach unten.
Die Zeiten für Zuckerproduzenten waren schon einmal besser. Seit dem Ende der EU-Zuckermarktordnung läuft es nicht mehr so richtig rund auf dem Markt. Zu Jahresbeginn erreichte der Zuckerpreis in der EU ein historisches Tief. „Die Preise sind unter der Schmerzgrenze“, sagte Johann Marihart, Vorstandschef der börsenotierten Agrana, am gestrigen Donnerstag. Da legte der heimische Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzern seine Quartalszahlen vor – und diese waren nicht gerade erfreulich: Der Konzerngewinn halbierte sich im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres auf 25,3 Mio. Euro.
Seit Oktober 2017 gibt es in der EU keine Produktionsquoten für Zucker mehr. Der Wettbewerb hat seither deutlich angezogen. Marihart spricht von einer „euphorischen Produktionszunahme“. Die Preise für Weißzucker auf dem europäischen Terminmarkt seien auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren abgestürzt. Die Agrana wolle auf den Preisverfall aber nicht mit einer gedrosselten Produktion reagieren. Man werde die Kapazitäten und Flächen halten, kündigte Marihart an. „Die Devise ist, die schwierige Phase durchzutauchen“, so der Konzernchef.
Der operative Gewinn (Ebit) im Segment Zucker der in Wien ansässigen Agrana schmolz im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres von 18,1 Mio. Euro auf 1,6 Mio. Euro. Langzeitvorstandsboss Marihart schloss für die kommenden Quartale auch einen Verlust im Zuckerbereich nicht aus. Man arbeite aber daran, die Kosten in den Zuckerfabriken weiter zu senken.
Mit Ende der Zuckermarktordnung sind die Quoten für die Produktion, der Mindestrübenpreis und die Exportbeschränkungen ausgelaufen. Es gibt nach wie vor einen Zollschutz für den EU-Zucker- markt. Der Weltmarktpreis für Zucker hat in den vergangenen zehn Jahren eine Berg- und Talfahrt hingelegt. Besser sieht es für die Agrana im Bereich Frucht aus: Die Entwicklung des Geschäftsbereichs sei zufriedenstellend verlaufen und lag leicht über dem Vorjahr.
Der Konzernumsatz der Agrana sank im ersten Quartal um 7,9 Prozent auf 630,3 Millionen Euro. Für das gesamte laufende Geschäftsjahr rechnet Marihart damit, dass der Umsatz etwa auf dem gleichen Niveau bleibt. Beim operativen Ergebnis (Ebit) erwartet er einen „deutlichen Rückgang“.
Im zurückliegenden Geschäftsjahr war der Konzerngewinn um ein Fünftel gestiegen. Den Gewinn teilte die Agrana, die bei Endkunden vor allem mit der Marke Wiener Zucker bekannt ist, mit den Aktionären. Die Hauptversammlung hat am 6. Juli eine Dividende von 4,5 Euro je Aktie beschlossen, ein Rekordwert. Die Agrana beschäftigt 8700 Mitarbeiter an 58 Standorten weltweit.
Im Osten Österreichs hat heuer der Rüsselkäfer viele Rübenflächen befallen. Die Zuckerproduktionsmenge der Agrana werde deswegen um fünf bis sieben Prozent niedriger ausfallen, schätzt Agrana-Chef Marihart. Er hoffe, dass die Insektenplage nächstes Jahr nicht wieder auftrete und Rübenbauern nicht aus dem Anbau aussteigen. Großes Wachstumspotenzial für das Fruchtsegment sieht er in den Schwellenländern. In Asien etwa würden die Konsumenten immer öfter zu Fruchtjoghurts greifen und Molkereien immer stärker Fruchtzubereitungen der Agrana nachfragen. Die Agrana-Aktie bewegte sich in den vergangenen zwölf Monaten deutlich nach unten. Von Dienstag auf Mittwoch schlug sie nach unten aus, am Donnerstagnachmittag lag die Aktie wieder deutlich im Plus. (red./APA)