Beleben statt brachliegen lassen
Zwischennutzungen. Wien hat gute Beispiele, die demonstrieren, wie Leerstandsaktivierung einen Mehrwert für die Stadt bietet.
In Wien stehen viele Gebäude und Räume leer. Gleichzeitig wächst die Nachfrage nach kreativen Nutzungen. Das spricht für Leerstandsaktivierung. „Zwischennutzung hat immer schon stattgefunden, aber eher zufällig, ohne Struktur und Organisation“, sagt Gerhard Berger von der MA18. Er befasst sich seit 25 Jahren mit Stadterneuerungsstrategien und war Mitinitiator, als vor rund fünf Jahren die Stadt Wien die unterschiedlichsten Geschäftsgruppen am Verhandlungstisch vereinte, um eine Agentur für Zwischennutzung ins Leben zu rufen. Rasch war klar: Statt einer solchen Agentur bedarf es einer Serviceeinrichtung, die Leerstand aktiviert.
Das Büro Kreative Räume Wien (KRW) vermittelt gezielt Raum für die Kreativwirtschaft. „Wir sehen uns nicht nur als Service- und Beratungsstelle, sondern wirken auch innerhalb und außerhalb der Verwaltung“, erklärt Tho- mas Kerekes, KRW-Geschäftsführer. „Leerstandsaktivierung als Thematik ist in der Verwaltung noch relativ neu.“
Unerlässlich ist die Schnittstelle zum Eigentümer. Aber genau das ist das Hauptproblem: „Es ist schwierig, Eigentümer von Zwischennutzungen zu überzeugen. Vor allem zu Konditionen, die auch längere kreative Nutzung ermöglichen“, sagt Berger. Bei der Traktorfabrik in Floridsdorf hat es funktioniert. Das aus dem Jahr 1913 stammende ehemalige Industriegebäude versprüht mit seiner Stahlbetonrippendeckenkonstruktion und den raumhohen Industrieverglasungen einen besonderen Charme. Lang wurde das Gebäude nur als Lager benutzt. Bis der freischaffende Künstler Karim El Seroui es entdeckte, als er auf der Suche nach einem Studio war und das Zwischennutzungsprojekt „Creative Cluster Traktorfabrik“entwickelte.
Unterstützt wurde El Seroui von KRW, von der rechtlichen Beratung bis hin zu den Verhandlungen mit dem Eigentümer. Seit Herbst 2017 macht der Creative Cluster Traktorfabrik zwischen 2000 und 3000 Quadratmetern Fläche für Kunst- und Kulturschaffende zugänglich. „Wir sind froh, dass die Räumlichkeiten dieses geschichtsträchtigen Gebäudes einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden“, sagt Ilse Fitzbauer, Bezirksvorsteher-Stellvertreterin in Floridsdorf. „Wir helfen vernetzungstechnisch und bei der Herstellung der Rahmenbedingungen, die Zwischennutzungen leichter möglich machen.“Das Projekt ist vorerst auf ein Jahr befristet, mit Option auf Verlängerung. Je nachdem, wie schnell die Pläne zur Verwandlung der Traktorfabrik in exklusive Lofts und Büros verwirklicht werden. Lyon Immobilien liegen Verwertungsvorschläge vor, aber noch kein Zeitplan zur Umsetzung.
Eine andere Zwischennutzung läuft demnächst aus. Seit August 2016 wird im Projekt „Creative Au“, bekannt unter dem Titel „Creau“, das ehemalige, rund ein Hektar große Stallungsgelände der Trabrennbahn Krieau im Wiener Prater für Design, Musik, Kunst und Kulturevents verwendet. Ende September ist Schluss. Dann sollen dort neue Büro- und Wohnflächen in Form moderner Hochhäuser von IC Development entstehen. Nest, die vor drei Jahren gegründete Agentur für Leerstandsmanagement, hat das Projekt zusammen mit dem Partyserviceunternehmen Usus ermöglicht. „Bei unseren Projekten reicht die Dauer der Zwischennutzung von einem Monat bis zu fünf Jahren“, sagt Angie Schmied von Nest. „Prinzipiell gibt es kein Areal oder keinen Raum, der sich nicht eignet.“Für jedes Objekt werde ein Nutzungskonzept erstellt. Dann sucht Nest nach geeigneten Nutzungen und betreut diese im laufenden Betrieb. Wobei Schmied betont, dass es in erster Linie nicht um Zwischennutzungen, sondern immer um die Entwicklung einer langfristigen Perspektive gehe.
KRW wiederum fokussiert sich auf den zweiten, 17. und 21. Bezirk. Die Ausgangssituationen seien verschieden, sagt Kerekes: Im zweiten Bezirk wolle man Leerstand im Neubau verhindern, „im 17. Bezirk haben wir kleinteiligen Bestand“. Und im 21. sollen Industrieflächen der Kreativwirtschaft und anderen Nutzungen zugeführt werden.