Trump soll May geraten haben, EU „vor Gericht“zu verklagen
Großbritannien. Die Premierministerin berichtet über ihre jüngste Unterredung mit dem US-Präsidenten und dessen Ansichten zum Brexit.
London. Nach tagelangen Spekulationen hat die britische Premierministerin Theresa May den „brutalen“Ratschlag von US-Präsident Donald Trump für die Brexit-Verhandlungen verraten: „Er sagte mir, ich solle die EU vor Gericht verklagen. Die EU verklagen. Nicht in Verhandlungen eintreten, sie verklagen“, berichtete May am Sonntag dem britischen Sender BBC. Zugleich erteilte May dem Tipp des US-Präsidenten eine klare Absage und betonte, mit Brüssel verhandeln zu wollen. Es war nicht klar, welche Art von Prozess Trump der Premierministerin empfahl.
Bei der Pressekonferenz nach dem Gipfeltreffen am Freitag habe Trump ihr allerdings auch geraten, nicht vor Verhandlungen wegzulaufen – sonst sei sie „in der Klemme“. Auch vor diesem Hintergrund bekräftigte May ihre Absicht, den „besten Deal“für Großbritanniens geplanten EU-Austritt auszuhandeln. Trump und May hatten sich auf dem Landsitz der britischen Regierungschefin in Chequers zu Gesprächen getroffen.
Ratschlag war „vielleicht zu brutal“
Trump selbst machte bisher lediglich Andeutungen zu seinem Ratschlag. In einem Interview mit der britischen Zeitung „The Sun“wenige Stunden vor dem Treffen mit May hatte er sich enttäuscht gezeigt, dass die britische Premierministerin seinen Vorschlägen nicht gefolgt sei. Bei der Pressekonferenz nach dem Treffen sagte der USPräsident dann: „Ich denke, dass sie es vielleicht für zu brutal gehalten hat.“
Trump hatte mit dem Interview in der „Sun“einen Eklat in Großbritannien ausge- löst. Darin kritisierte er die Brexit-Strategie der angeschlagenen Premierministerin und drohte ihr, im Falle eines „weichen“Brexits werde es kein Handelsabkommen zwischen Großbritannien und den USA geben. Bei einem gemeinsamen öffentlichen Auftritt während Trumps Besuch in Großbritannien am Freitag bemühten sich beide aber, den Anschein von Normalität zu wahren. Trump betonte später, er habe May nicht kritisiert. Die „Sun“habe die „positiven Äußerungen“ausgespart, die er über May gemacht habe.
Parteiinterne Kritiker warnten May unterdessen in einem Gastbeitrag für die „Mail on Sunday“davor, durch einen Boykott ihrer Brexit-Strategie den geplanten EU-Austritt aufs Spiel zu setzen. „Wir müssen das Ziel im Auge behalten, sonst laufen wir Gefahr, am Ende ganz ohne Brexit dazustehen“, schrieb die Vorsitzende der konservativen Tories.
Sie nehme die Bedenken mancher Parteimitglieder gegen ihren Kurs wahr, allerdings hätten diese bis heute keine „praktikable Alternative“vorgelegt. Deshalb sei ihr „praktischer und pragmatischer“Ansatz das Mittel der Wahl.
Knapp neun Monate vor dem für 29. März 2019 geplanten EU-Austritt steckt die britische Regierung tief in der Krise. Das nur unter großem Druck gebilligte BrexitWeißbuch Mays sieht etwa ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union vor. Hardliner befürchten jedoch eine zu enge Bindung an die EU und weitere Konzessionen an Brüssel im Laufe der Verhandlungen. Brexit-Minister David Davis und Außenminister Boris Johnson traten deshalb vor einigen Tagen zurück. (APA/AFP/dpa)
„Wir müssen das Ziel im Auge behalten, sonst laufen wir Gefahr, am Ende ganz ohne Brexit dazustehen.“Premierministerin May