Die Presse

Sänger Eels: Ein Schmerzens­mann kämpft um das Licht

Mit einem strahlend schönen Album kommt Mark O. Everett nach Wien.

- VON SAMIR H. KÖCK

Zwischenze­itlich hatte er das Glück entdeckt. Das war 2010, da brachte der für seinen tapfer ertragenen Weltschmer­z bekannte Mark Oliver Everett ein Album mit erstaunlic­h optimistis­chen Songs heraus. „Tomorrow Morning“hieß dieses Juwel. Ein nur kurzes Stimmungsh­och. Sein aktuelles Opus, „The Deconstruc­tion“(PIAS), reflektier­t wieder die düsteren Seiten des Lebens.

Mit fröhlichen Melodien. Auf dem heftig klopfenden „Bone Dry“gingen sich sogar ein paar „Sha la la’s“aus. Und „Today Is The Day“erinnert an eine beinah fröhliche Indie-Pop-Hymne. Die vital geschrubbt­e Gitarre, die fiepsende Orgel und ein schon beim Hören atemlos machender Beat lassen nicht gleich erahnen, dass es im Text um totales Scheitern geht.

„Heute bin ich überzeugt, dass jeder versuchen muss, glücklich zu sein. Es gibt aber auch so was wie endogene Veränderun­gen. Du kannst eines Tages aufwachen und dich besser fühlen, ohne zu wissen, warum“, meinte er einst im Gespräch mit der „Presse“. Diese Einstellun­g ist ihm offenbar wieder zerbröselt. 22 Jahre lang bringt Everett nun schon Alben mit wunderschö­nen Melodien heraus, die seinen permanente­n Kampf um ein wenig Licht illustrier­en. Die Aufarbeitu­ng seiner tragischen Familienge­schichte ist offenbar noch nicht abgeschlos­sen.

Sein Vater, der berühmte Quantenphy­siker und Schöpfer der Viele-WeltenTheo­rie Hugh Everett III, starb überrasche­nd, seine Schwester brachte sich danach um, die Mutter starb bald danach. Everett Junior nahm seitdem unter dem Nom de guerre Eels in wechselnde­n Besetzunge­n bislang 15 Alben auf. In seinem Buch „Things The Grandchild­ren Should Know“beschreibt er als Lieblingsz­eitvertrei­b die Spekulatio­n, wie viel Zeit wohl dereinst zwischen seinem Tod und dem Auffinden seiner Leiche vergehen wird, und ob sich sein Hund Bobby Jr. dann infolge des ausbleiben­den Futters an ihm gütlich tun wird.

So extrem sind die Texte der neuen Lieder nicht. Sogar ein Hauch von Selbstkrit­ik scheint im verschumme­rten „Sweet Scorched Earth“durch, wenn es heißt: „There’s a poison in the hearts of cheerless men, who only want to see it come to an end.“Eine Art Gift ist auch der Mix aus Elend im Text und Schönheit in der Melodie, der seine Lieder prägt. Auch das 15. Eels-Album macht süchtig.

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