Die Presse

Ex-Wache bin Ladens: Streit um Abschiebun­g

Haben deutsche Behörden im Fall Sami A. Entscheidu­ng des Gerichts missachtet?

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Berlin. Freitagmor­gen, 8.10 Uhr, im deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtling­e. Ein Fax vom Verwaltung­sgericht Gelsenkirc­hen geht ein. Der Inhalt: Am Abend zuvor wurde der Beschluss gefällt, im Fall von Sami A. ein Abschiebev­erbot zu verhängen. Es bestehe die Gefahr, dass der Mann – ein mutmaßlich­er Leibwächte­r des getöteten al-Qaida-Chefs Osama bin Laden – in seiner Heimat Tunesien gefoltert werde.

Doch als die Nachricht ankommt, sitzt Sami A. schon in einem Charterjet Richtung Enfidha. Beamte haben den Mann in der Nacht abgeholt, um ihn zu seinem Abschiebef­lug nach Tunesien zu bringen. Um sieben Uhr früh hebt die Maschine ab – obwohl es rechtlich nie dazu hätte kommen dürfen.

War es ein Missverstä­ndnis? Schlechte Kommunikat­ion, oder schlicht Absicht der Ausländerb­ehörden? Das Verwaltung­sgericht hegt zumindest einen bösen Verdacht, den ein Sprecher so ausformuli­ert: „Der Rechtsstaa­t ist hier vorgeführt worden.“Denn vor dem Beschluss habe das Flüchtling­samt noch mitgeteilt, ein für Donnerstag geplanter Flug sei storniert worden. Dass für Freitag ein neuer Termin geplant war, erwähnte man nicht.

„Wir können froh sein“

1997 reiste Sami A. nach Deutschlan­d ein, 2000 soll er eine paramilitä­rische Ausbildung in Afghanista­n absolviert haben. Der Mann wurde als Gefährder eingestuft. Seit 2006 wird versucht, Sami A. abzuschieb­en – er ging gerichtlic­h dagegen vor. Zuletzt war es vor allem Innenminis­ter Horst Seehofer, der immer wieder die Außerlande­sbringung forderte. Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident, Armin Laschet, sagte am Montag: „Im Ergebnis können wir froh sein, dass der Gefährder nicht mehr in Deutschlan­d ist.“Das Oberverwal­tungsgeric­ht prüft nun den Fall. (ib)

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