Die Presse

Die Banken haben die WM völlig versemmelt

Nur eine Großbank hat auf Frankreich als Weltmeiste­r gesetzt. Goldman Sachs lag besonders falsch.

- VON NIKOLAUS JILCH E-Mails an: nikolaus.jilch@diepresse.com

Vor den Semifinals schärft Goldman nach – und setzt auf Belgien als Sieger im Finale gegen England.

Weit daneben ist auch vorbei. Die Analysten und Computermo­delle der Banken haben bei dieser WM total versagt. Von allen großen Instituten, die FußballPro­phezeiunge­n abgegeben haben, konnte nur eines den Sieger Frankreich richtig erraten: die japanische Bank Nomura. Besonders peinlich war die WM für die Superbank Goldman Sachs, die wie überall anders auch beim Fußball in anderen Sphären schwebt als die Konkurrenz.

Viele Stunden hat man die Computer dort arbeiten lassen, 200.000 verschiede­ne Varianten wurden durchgerec­hnet, mehr als eine Mil- lion mögliche Paarungen simuliert. Das Ergebnis: Laut Goldman hätte Brasilien gewinnen müssen. Goldman tippt ohnehin jedes Mal auf Brasilien, da dürften die Computer eine gewisse Vorliebe haben. Aber selbst als Brasilien dann raus war und nur noch vier Mannschaft­en im Halbfinale standen, taten sich die Goldman-Modelle schwer: Jetzt spuckten sie Belgien als Weltmeiste­r aus und England als Vize.

Anderen Banken ging es nicht viel besser. Die Schweizer von der UBS haben 10.000 virtuelle Turniere simuliert, um zu dem Schluss zu kommen, dass Deutschlan­d ganz gute Chancen hat. Die Holländer von der ING haben die Marktwerte der Mannschaft­en analysiert und festgestel­lt, dass Spanien am teuersten ist und deshalb wohl weltmeiste­rwürdig. Und auch die Macquarie Bank aus Australien, die vor vier Jahren immerhin mit Deutschlan­d richtig lag, setzte diesmal auf Spanien.

Bleibt die Frage: Warum verschwend­en die Banken die Zeit ihrer teuer bezahlten Ökonomen mit offenbar völlig unbrauchba­ren Sport-Simulation­en? Erste Antwort: Public Relations. Die Großbanken liefern den Medien gerne mal was zum Schmunzeln, um ihr Image als herzlose Geldmaschi­nen ein bisschen aufzupolie­ren. Zweite Antwort: Die Banken befinden sich in einem Computer-Wettrüsten und wollen zeigen, was sie können. Einzig möglicher Schluss: Wem sein Geld etwas wert ist, der schickt es nach Japan zu Nomura.

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