Bangen um Frauenprojekte
Sparkurs. Insgesamt gibt es 700.000 Euro weniger Förderungen für Frauenprojekte als 2017. Ministerin Juliane BognerStrauß (ÖVP) kürzt auch bei der Familienberatung. Bei der Kinderbetreuung wird ein Konsens mit den Ländern gesucht.
Sparkurs. Insgesamt gibt es 700.000 Euro weniger Förderungen für Frauenprojekte als 2017. Ministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) kürzt auch bei der Familienberatung. Bei der Kinderbetreuung wird ein Konsens mit den Ländern gesucht.
Wien. Es ist nicht so, als ob den vergangenen Regierungen das Thema Gleichstellung und Gewaltprävention bei Frauen besonders viel mehr wert gewesen wäre. Zumindest monetär. Das Budget war immer knapp und lag seit 2009 bei rund zehn Millionen Euro. Inflationsanpassungen gab es trotz steigender Personalkosten keine.
Unter Rot-Schwarz wurde das Budget dann 2017 auf 10,6 Millionen angehoben – um es unter Türkis-Blau gleich wieder auf 10,1 Millionen zu stauchen. Während die Opposition das als „Retro-Frauenpolitik“bezeichnet, verteidigt sich die dafür zuständige Ministerin Juliane Bogner-Strauß: Obwohl andere Ressorts große Einschnitte hinnehmen mussten, sei das Budget mit 10,1 Millionen gleich geblieben. Als Vergleichswert wird dabei aber offensichtlich nicht das letztgültige Budget herangezogen.
Dazu kommt, dass im Budget rund 200.000 Euro von „Förderungen“zu „Aufwendungen“wanderten – das dient wohl der Abdeckung von Kosten für automatisch steigende Gehälter in den gesetzlich verpflichtenden Gewaltschutzzentren. Sprich: Insgesamt gibt es rund 700.000 Euro weniger an Förderungen für Frauenprojekte als 2017. Manche Organisationen ringen nun um ihre Existenz. Da wäre etwa der Klagsverband, der Diskriminierungsopfer rechtlich unterstützt. Das Frauenministerium halbierte die Mittel von 50.000 Euro auf 25.000 Euro. Die Förderung deckte bisher nur Personalkosten ab. „Wir waren gezwungen, alle Dienstverträge per 30. September 2018 aufzulösen. Wir sind zur Zeit damit beschäftigt zu klären, wie es mit laufenden Schlichtungen und Gerichtsverfahren weitergehen soll“, heißt es. Auch beim Verein Frauensolidarität stellt man sich auf schwierige Zeiten ein. Die Hauptaktivitäten liegen im Betreiben einer Bibliothek, einer Zeitschrift, einem Radio und Veranstaltungen. Insgesamt wurden 22.000 Euro gestrichen. Der Verein versucht sich mit Spendenaufrufen zu retten. Das Institut für Zeitgeschichte gibt eine wissenschaftliche, femi- nistische Zeitung heraus. L’Homme ist ein international sehr renommiertes Publikationsprojekt – und wurde um 5000 Euro gestutzt, das sind doch 20 Prozent des Budgets. One Billion Rising kampagnisiert für ein Ende der Gewalt an Mädchen und Frauen. Das Ministerium strich die gesamte Förderung von 5500 Euro. Vom Verein heißt es: „Ja, es ist existenzbedrohend.“ Auch der Österreichische Frauenring, eine parteiunabhängige überkonfessionelle Dachorganisation von Frauenvereinen, wurde um fast 8000 Euro gekürzt.
Der Arbeitskreis Emanzipation und
Partnerschaft (AEP) ist eine kombinierte Stelle in Innsbruck. Sie hat eine Familienberatung, betreibt eine Frauenbibliothek, gibt eine Zeitschrift heraus und berät Sexarbeiterinnen. AEP ist von den Kürzungen mehrfach betroffen: Das Geld für die Familienberatung wurde seitens des Bundes ohne Ankündigung um acht Prozent gekürzt. Die Förderung für die Kulturarbeit um 20 Prozent gekürzt: rund 2000 Euro. Das ist viel Geld für den kleinen Verein. Diese Liste ließe sich noch lange fortsetzen.
Kürzung oder Ausbau?
Aus dem Frauenministerium heißt es auf „Presse“-Anfrage dazu: „Es gibt keine Kürzungen bei Frauenund Mädchenberatungsstellen sowie Frauenservicestellen. Diese Einrichtungen werden 2018 in Vorjahreshöhe gefördert.“Die budgetäre Schwerpunktsetzung im Bereich der Frauenprojektförderung liege nun auf der Aufrechterhaltung des Gewaltschutzes und der Notwohnungen sowie der Frauen- und Beratungsstellen.
Apropos Gewaltprävention: Ursprünglich hatte das Ministerium nicht nur von Aufrechterhaltung, sondern auch von Ausbau gesprochen. Bis 2022 sollten 100 zusätzliche Plätze in Frauenhäusern eingerichtet werden, so das Versprechen. Laut Studien ist jede fünfte Frau von psychischer oder körperlicher Gewalt betroffen. Woher man das Geld nehmen will, ist fraglich. Dass es keine Kürzungen bei Beratungsstellen gäbe, stellt SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek in Abrede: „Da viele Frauenberatungsstellen ergänzend zu ihrem Angebot auch Familien beraten, sind sie auch von den Kürzungen betroffen. Das Schlimmste ist, dass viele nicht wissen, was sie erwartet. Das löst Unsicherheit aus, denn es stehen Arbeitsplätze am Spiel. Die Ministerin darf die Frauen in Österreich nicht alle in der Luft hängen lassen. Das ist verantwortungslos!“Eine Anfrage wurde eingebracht.
Weitere Einschnitte
Kürzungen soll es übrigens auch bei den Familienberatungsstellen geben – das Gesamtbudget wurde um zehn Prozent gekürzt. Bogner-Strauß versprach, falls Geld am Ende des Jahres übrig bleiben sollte, das dann in diesen Bereich investieren zu wollen.
Auch beim Ausbau der Kinderbetreuung wird gespart. Der Bund hat vorgeschlagen, den Ländern künftig 110 Mio. Euro pro Jahr zur Verfügung zu stellen. Das sind 30 Mio. Euro weniger als derzeit – aber 20 Mio. Euro mehr als budgetiert. Von den Länderspitzen gab es harsche Kritik: Diese arbeiten an einer gemeinsamen Stellungnahme. Bogner-Strauß erwartet „sehr bald eine positive Lösung“.
ZUR PERSON
Juliane Bogner-Strauß ist Molekularbiologin, Biochemikerin und Politikerin der ÖVP. Sie ist Ministerin für Familien, Jugend und Frauen – während der Babypause von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger hat sich auch deren Agenden übernommen. Sie ist als Quereinsteigerin in diese Position gekommen– zuletzt war sie ab 2013 Professorin und stellvertretende Institutsleiterin für Biochemie in Graz.
In der Familienberatung kommt es wegen der Budgetkonsolidierung zu geringfügigen Einsparungen. Juliane Bogner-Strauß