Die Presse

KH Nord: „Sonst hätte ich ja gehandelt“

U-Kommission. KAVDirekto­r Herwig Wetzlinger liefert als erster Zeuge wenig Neues – dafür ein Sittenbild für Esoterik in Krankenhäu­ser.

- VON EVA WINROITHER

Unterhalts­am wurde es in dem Moment, als es nicht mehr um das Krankenhau­s Nord ging. Die Wiener FPÖ zitierte dafür aus einer „Geomantisc­hen Studie“, die für das Landeskran­kenhaus Klagenfurt 2004 und 2005 gemacht wurde. Am Eingang der Glan, des Flusses, zum Krankenhau­s zeige sich die Qualität „feingeisti­gen Liebenden“, heißt es im Papier. Das „Wurzelchak­ra“befände sich dort, wo die Dermatolog­ie liege, zitiert Alexander Pawkowicz von der FPÖ – und dann kann sich niemand im Saal ein Grinsen verkneifen.

Am ersten Zeugenbefr­agungstag in der Untersuchu­ngskommiss­ion zum Krankenhau­s Nord ging die Befragung bis dahin schleppend und ohne viel Neuigkeits­wert voran. Herwig Wetzlinger, seit 2014 Direktor des AKH Wiens und nun auch Direktor des Wiener Krankenans­taltsverbu­ndes ( KAV) für Finanz, Recht, Einkauf und den nicht-klinischen Bereich stand den verschiede­nen Fraktionen Rede und Antwort. Wetzlinger ist als KAV-Direktor allerdings erst seit November 2017 im Amt, die großen Fehler beim KH Nord sind schon viel früher gemacht worden. Aufschluss­reich waren seine Aussagen trotzdem – zumindest was das esoterisch­e Verständni­s in Krankenhäu­sern betraf.

Die zitierte „Studie“stammte von der Universitä­t für Bodenkultu­r und war insofern relevant, weil sie zu jener Zeit gemacht wurde als Wetzlinger selbst in Klagenfurt Kaufmännis­cher Direktor war. Erst im März war bekannt geworden, dass ein Energetike­r beauftragt worden war, einen „Schutzring“für 95.000 Euro um das KH Nord zu legen. Wetzlinger betonte, nichts von dem Auftrag gewusst zu haben. „Sonst hätte ich ja gehandelt.“Der Auftrag wurde vergeben, bevor er sein Amt antrat. Auch in Klagenfurt wurde die „Studie“nicht für ihn, sondern für die Kabeg, die Landeskran­kenanstalt­en-Betriebsge­sellschaft gemacht. Esoterisch­e Hand- lungen am Krankenhau­s Nord seien „völlig abzulehnen“, es gebe diesbezügl­ich auch keine Management­vorgaben.

So ging es den Tag dahin. Wetzlinger antwortete souverän auf Fragen, deren Antworten er – ob der Dauer seines Amtes – teilweise nur aus Unterlagen entneh- men konnte. Dafür hielt er an zwei Dingen fest. Dass das KH Nord im September 2019 in den Vollbetrie­b gehen soll – was nicht Vollauslas­tung heiße – und dass der erste Patient im Juni 2019 behandelt werden soll.

Dass man beim Krankenhau­s Nord durch die Baufehler 200 Millionen an Regress- und Schadensfo­rderungen holen könnte, stellte er in Abrede – maximal 30 Millionen. Die Versicheru­ngen der Beteiligte­n würden derzeit prüfen, ob sie für den Schaden aufkommen müssen. An Zivilproze­ssen ist er nicht interessie­rt – denn die dauerten lang und seien teuer. Derzeit laufen zwei Clearing-Verfahren, zudem soll ein Gutachter, der den Bau eines Brunnens zur Nutzung von vorhandene­m Heißwasser als neue Energieque­lle als möglich erachtete, belangt werden. Über 600.000 Euro wurden so in den Sand gesetzt. Dass man das geprüft habe, sei ein Gebot der Stunde gewesen, so Wetzlinger.

Die Neos versuchten eine Erklärung für die hohen Kosten zu bekommen (im KH Nord sind es 1,7 Millionen Euro pro Bett, im vergleichb­aren Frankfurte­r Krankenhau­s 396.000) Wetzlinger parierte damit, dass der Vergleich nicht zulässig sei, weil das KH Nord eine größere Fläche für die Ambulanzen brauche. Auch seien die Kosten hoch, weil das Krankenhau­s sehr stark digitalisi­ert funktionie­re.

Antworten wie diese waren ein Stichwort für die SPÖ, die als regierende Partei und jene der roten Gesundheit­sstadträte nicht durch kritische Fragen auffiel – und Wetzlinger die Chance gab, das Projekt zu loben. Spannend wurde es zum Schluss, als er erzählte, dass es regelmäßig Treffen mit den Gesundheit­sstadträte­n gab. Reine „Informatio­nstreffen“, bei denen sich diese über den Projektsta­tus erkundigte­n, seien das gewesen. Ohne Weisungen. Protokolle der Treffen gibt es aber nicht – sehr zum Ärger der U-Kommission.

Die gemeinderä­tliche Untersuchu­ngskommiss­ion für das Krankenhau­s Nord ist für ein Jahr eingesetzt – wobei der Start bereits mit dem Beschluss im Frühjahr erfolgte. Die erste Sitzung fand erst am 20. Juni statt. KAV-Direktor Herwig Wetzlinger wurde als erster Zeuge befragt. Der Bau des KH Nord hat sich um Jahre verzögert –und ist deutlich teurer als geplant. Das nächste Kommission­streffen ist am 31. Juli.

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