Naidoo darf nicht Antisemit genannt werden
Das Landgericht Regensburg gab dem deutschen Sänger recht – ohne seine Liedtexte genau zu analysieren.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und wird doch von manchen Medien bereits als Erfolg für Xavier Naidoo gewertet. Der deutsche Sänger, der seit 25 Jahren sowohl solo als auch mit der Band Söhne Mannheims Musik macht, darf nicht als Antisemit bezeichnet werden. So hat das Landgericht Regensburg am Dienstag entschieden. Naidoo hatte die Referentin einer gemeinnützigen Stiftung, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzt, verklagt, weil sie 2017 vor Publikum über ihn gesagt hatte: „Er ist Antisemit, das ist strukturell nachweisbar.“Richterin Barbara Pöschl begründete ihr Urteil damit, dass die Frau den Vorwurf nicht ausreichend belegen konnte. Dem Schutz der Persönlichkeit des Klägers sei der Vorzug vor dem Recht auf Meinungsfreiheit der Beklagten zu geben.
Schon seit einiger Zeit wird der 1971 in Mannheim geborene Naidoo, der irische, indische und südafrikanische Wurzeln hat, aber katholisch erzogen wurde, wegen umstrittener Äußerungen und Auftritte kritisiert: Am Tag der Deutschen Einheit 2014 sprach er in Berlin bei einer Demonstration der sogenannten Reichsbürger, die die staatliche Ordnung in Deutschland ablehnen, und distanzierte sich danach halbherzig davon.
Immer wieder standen auch Textzeilen aus seinen Liedern in Kritik, etwa jene aus dem 2009 erschienenen Song „Raus aus dem Reichstag“. Darin finden sich einige Passagen, aus denen sich antisemitische Untertöne ableiten lassen: „Wie die Jungs von der Keinherzbank, die mit unserer Kohle zocken / Ihr wart sehr, sehr böse, steht bepisst in euren Socken / Baron Totschild gibt den Ton an, und er scheißt auf euch Gockel / Der Schmock ist’n Fuchs und ihr seid nur Trottel“. Naidoo wies die naheliegende Anspielung auf die deutsch-jüdische Bankiersfamilie Rothschild in der Gerichtsverhandlung vor drei Wochen zurück und sagte, das Lied sei eine „Bankenkritik“, zu der ihn die Finanzkrise von 2008 inspiriert habe.
Die Richterin des Landgerichts Regensburg betonte, sie habe im Verfahren nicht beurteilt, ob Naidoos Texte antisemitisch seien oder nicht. „Man kann ihn nicht festlegen.“Er habe die Texte anders verstanden haben wollen, und seine Distanzierung sei glaubwürdig gewesen. Er habe betont, dass er sich gegen Rassismus einsetze, sein Sohn sogar einen hebräischen Namen trage. Antisemit zu sein sei in Deutschland ein „sehr grober Vorwurf“, die Beklagte habe diesen zu unterlassen. (awa)