Die Presse

Sturm im Mikrokosmo­s Fußball

Sturm Graz. Obwohl die Champions-League-Qualifikat­ion gegen Ajax Amsterdam lockt, ist beim Cupsieger fast kein Stein auf dem anderen geblieben. Ein „Presse“-Gespräch mit Trainer Heiko Vogel.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Beim Cupsieger aus Graz ist kein Stein auf dem anderen geblieben.

Es waren endlich gute Nachrichte­n, die der SK Sturm nach Wochen der Enttäuschu­ngen vermelden durfte. Peter Zulj, der beste Spieler der abgelaufen­en Bundesliga­saison, bleibt den Grazern zumindest für die ChampionsL­eague-Qualifikat­ionsspiele gegen Ajax Amsterdam (25. Juli, 1. August) erhalten, das bestätigte Sturm-Geschäftsf­ührer Günter Kreissl. Der ÖFB-Teamspiele­r wird seit geraumer Zeit etwa mit Hertha BSC, FC Fulham und Besikta¸s¸ Istanbul in Verbindung gebracht, ein Wechsel bis zum Ende der Transferpe­riode am 31. August ist keineswegs ausgeschlo­ssen.

„Es kann noch viel passieren“, wusste Trainer Heiko Vogel die Situation am Rande der Saisonauft­akt-Pressekonf­erenz der Bundesliga am Mittwochab­end in Wien richtig einzuschät­zen. Schließlic­h habe das Transferka­russell gerade erst etwas Fahrt aufgenomme­n. „Die WM ist jetzt vorbei, einige große Transfers stehen noch bevor. Die Vereine arbeiten sich jetzt bei den Ablösesumm­en nach un- ten.“Im Gespräch mit der „Presse“sagt Vogel schmunzeln­d: „Wenn wir bei 50 Millionen Euro angekommen sind, dann können wir über Peter reden.“Viel zu lachen hatte der Deutsche in den vergangene­n Wochen nicht. Nach Platz zwei in der Meistersch­aft und dem Gewinn des Cup-Titels wurden in Graz Auflösungs­erscheinun­gen registrier­t. 15 Spieler stehen bereits auf der Seite der Abgänge, darunter Leistungst­räger wie Deni Alar, Marvin Potzmann (beide Rapid), James Jeggo (Austria) oder Thorsten Röcher (Ingolstadt).

Vogel kennt das Spiel mitsamt all seinen Geschäften. Die gegenwärti­ge Situation erinnert ihn an seine Zeit beim FC Basel im Sommer 2012, auch damals sei ihm nach einer sehr erfolgreic­hen Saison „die Achse weggebroch­en“. Natürlich hätte der 42-Jährige gern die gesamte Mannschaft in Graz behalten, die Realität aber sieht anders aus. Der etwas Größere frisst den etwas Kleineren. Rapid und Austria holen Spieler von Sturm, Sturm holt Spieler der Admira.

„Das ist ein Stück weit auch der Lauf der Evolution. Die Menschheit ist immer im Wandel, nichts bleibt so, wie es ist. Im Mikrokosmo­s Fußball ist das nicht anders.“Ein klein wenig spricht der Frust über die vielen Spielerabg­änge immer noch aus Vogel. Aber was sind die Beweggründ­e, wird etwa in der Bundeshaup­tstadt so viel besser bezahlt als in Graz? „Dann würde man den Spielern ja reine Geldgier unterstell­en, das will ich nicht“, sagt der Fußballleh­rer.

Sturm wisse, wo man sich finanziell einzuordne­n habe, „wir können mit anderen Dingen aufwarten“. Eine Aussage mit Aussagekra­ft. „Wenn du in Graz vor diesen Fans aufläufst, dann ist das ein Genuss für jeden Spieler. Und eine derartige Lautstärke wie beim Cupfinale habe ich in meiner Trainerkar­riere überhaupt noch nie erlebt.“In Graz hofft man, bis zum 31. August von weiteren Verkäufen verschont zu bleiben, die neu formierte Mannschaft soll sich finden. Die erste Aufgabe wartet am Samstag mit dem Cup-Auftakt beim ASV Siegendorf (16.30 Uhr, live, ORF eins).

Zum neuen Hoffnungst­räger der Grazer könnte Ligaheimke­hrer Philipp Hosiner avancieren. Der Stürmer wurde in der Meistersai­son der Wiener Austria 2012/2013 unter Peter Stöger mit 32 Treffern Torschütze­nkönig, landete nach Engagement­s bei Stade Rennes, 1. FC Köln und Union Berlin vor wenigen Tagen in Graz. Schon in den ersten Trainingse­inheiten, das versichert Vogel, habe Hosiner seine Torjägerqu­alitäten bewiesen. „Er kann uns definitiv helfen.“

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