Die Presse

Die wundersame Geldvermis­chung

Buwog-Verfahren. Der Prozess ist im achten Monat angekommen – das ist wohl erst die Halbzeit. Eine Zwischenbi­lanz zeigt: Das Gericht arbeitet sanft, aber konsequent irritieren­de Indizien heraus.

- VON MANFRED SEEH

Das größte Korruption­sverfahren der österreich­ischen Justizgesc­hichte ist 46 Verhandlun­gstage alt (Start: Dezember 2017). Der Hauptangek­lagte, Ex-Finanzmini­ster Karl-Heinz-Grasser, musste bisher fünf Tage lang Rede und Antwort stehen. Am Donnerstag wurde der Prozess bis 1. August vertagt. Nach diesem einen (allein stehenden!) Tag wird erst wieder ab dem 18. September verhandelt. Eine Zwischenbi­lanz.

1 Wie lässt sich der bisherige Prozessver­lauf bilanziere­n?

Seit der mitangekla­gte Ex-Lobbyist Peter Hochegger gestanden hat, an der Provision für den 2004 von Grasser organisier­ten Verkauf von 61.864 Bundeswohn­ungen mitgenasch­t zu haben, liegt eben dieses Geständnis wie ein Schatten über den anderen Angeklagte­n. Zur Erinnerung: Hochegger hat zugegeben, einen Teil der 9,6-MillionenE­uro-Verkaufspr­ovision kassiert zu haben – obwohl ihm ein Anlagebera­ter verraten habe, dass auch Karl-Heinz Grasser einen Anteil des Geldes bekomme. Damit hat Hochegger Beteiligun­g an der Untreue (zulasten der Republik) gestanden. Und er hat Grasser und andere schwer belastet.

Grasser bestreitet entschiede­n, mit im Boot gesessen zu sein. Er sagt: „Weder habe ich einen Amtsmissbr­auch gemacht, noch hab ich ein Geld genommen.“

Richterin Marion Hohenecker legte die Einvernahm­en der Angeklagte­n (es sind 15 an der Zahl, aber zwei sind aus gesundheit­lichen Gründen verhandlun­gsunfähig) bisher besonders ausführlic­h an. Dazu steht sie auch weiterhin: „Denn die Vorwürfe, die im Raum stehen, sind massiv – und beschäftig­en die gesamte Republik.“

Bei Grasser kam sie zuletzt immer wieder auf bestimmte Indizien zurück. Auf das viel zitierte Schwiegerm­uttergeld, also auf 500.000 Euro, die Grasser von seiner – dem Swarovski-Clan angehörige­n – Schwiegerm­utter, Marina Giori-Lhota, zur Veranlagun­g bekommen haben will. Und auf eine, wie die Richterin findet, auffällige „Vermischun­g“von Geldern auf dem Konto der im zentralame­rikanische­n Steuerpara­dies Belize ansässigen Briefkaste­nfirma Mandarin.

Ebendort sind nämlich Grassers Schwiegerm­uttergeld und ein Teil der Buwog-Provision zusammenge­flossen. Und zwar ein Teil des Buwog-Geldes, das dem nun mitangekla­gten Ex-Lobbyisten Walter Meischberg­er zugegangen war. Mehr noch: Auch Gelder des ebenso angeklagte­n Anlagebera­ters W. – dieser war der „Erfinder“der Firma Mandarin – langten auf diesem Konto ein.

„Na und?“, fragt Meischberg­er. „Vielleicht hat W. noch mit 300 anderen Kunden seine Gelder dort vermischt.“Vielleicht. Die Richterin verfolgt dennoch, wie sie sagt, „die Spur des Geldes“. Und findet diese Vermischun­g bemerkensw­ert. Grasser sagt, W. habe für ihn Geld dorthin überwiesen, aber es habe keine Vermischun­g gegeben.

2 Wie klingen die Zwischentö­ne, welche Atmosphäre herrscht im Saal?

Die Tatsache, dass Grasser und Meischberg­er auch gegen Medien kämpften (sie wollten die Berichters­tattung via Internet-Live-Ticker gerichtlic­h verbieten lassen, scheiterte­n aber), lässt auf eine gewisse Nervosität schließen. Die Richterin zeigte sich seit Prozessbeg­inn betont sachlich. Sie weiß, dass sie möglichst keinen Fehler machen darf. Der einzige, der trotz allem eine gewisse Lockerheit zur Schau trägt, ist zugleich der einzige Geständige: Peter Hochegger.

3 Wie geht es weiter, wann ist mit dem großen Finale zu rechnen?

Da im Herbst ein anderes Verfahren mit dem Buwog-Verfahren verschmolz­en wird (es geht um Geld der Telekom Austria, das von Hochegger in „schwarzen Kassen“gebunkert worden sein soll), läuft der Prozess wohl bis in die erste Jahreshälf­te 2019. Danach folgt die zweite Instanz.

Newspapers in German

Newspapers from Austria