Der Vollendete
Mit so einem Einbruch aufzuhören wäre Novak Djokovi´c’ Karriere nicht gerecht geworden.
Bis
zu seinem sensationellen Comeback am Sonntag in Wimbledon haben wir ohne allzu großes Aufsehen im Schatten von Roger Federers Erfolgslauf seit eineinhalb Jahren einen der dramatischsten Einbrüche der Sportgeschichte erlebt. Zwischen 2011 und 2016 der dominierende Spieler auf der Tour, schlitterte Novak Djokovic´ seit seinem Final-Aus bei den US Open 2016 aus scheinbar unerklärlichen Gründen (wahrscheinlich wegen Motivationsproblemen) von einer frühen Niederlage zur nächsten – was für den Tennissport eine Katastrophe war. Denn der Serbe ist unter den „Big Four“– mit Federer, Nadal und Murray – der Einzige, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt. Im Tennis ist das eher selten, die meisten Profis haben wohlhabende Eltern, die sich die teuren Trainingscamps leisten können.
„Nole“hat es dennoch geschafft – und das, obwohl er in eine der stärksten Tennisgenerationen aller Zeiten geboren wurde. Der 31-Jährige, der sich wegen einer Allergie an einen strikten Ernährungsplan hält, steht für eine der größten Underdogstorys in der Sportwelt. An ihn denken Zehntausende Kinder weltweit, wenn ihnen jemand sagt, dass sie es nie zum Profi schaffen werden, weil sie zu arm sind oder nicht die nötigen körperlichen Voraussetzungen mitbringen. Er ist der Motivator aller Außenseiter. Er ist der Rocky Balboa des Tennis.
Umso wichtiger war sein Comeback in Wimbledon. Nicht nur, weil sein spektakuläres Spiel attraktiv anzusehen ist und er den Kampf um die Nummer eins wieder spannender machen wird, sondern, weil ohne eine triumphale Rückkehr inklusive Grand-Slam-Sieg seine Karriere unvollendet geblieben wäre und er mit einem unwürdigen Knick am Ende seiner Laufbahn aufgehört hätte. Mit Wimbledon könnte nun sogar ein dritter Akt seiner einzigartigen Erfolgsgeschichte beginnen.
Klingt nach Erste-Welt-Sorgen, aber für Nicht-ErsteWelt-Kinder bedeutet es die Welt. Wenn es um ihre Gunst geht, sind Federer und Nadal die Außenseiter.