Drei Zylinder sind (manchmal) noch zu viel
Neuvorstellung. 20 Jahre nach Einführung der Baureihe setzt Ford den Focus komplett neu auf: länger, größer, mehr Assistenz und Komfort – nur in einem Punkt gibt es weniger.
Ford Escort, das klingt, seltsam vertraut, nach automobiler Urzeit. Dabei ist es erst 20 Jahre her, dass die Baureihe vom Focus abgelöst wurde. Er hat sich in unseren Breiten ähnlich gut etabliert und in seiner Zeit auch schon einige Phasen und Moden durchlaufen. Erinnert sich noch jemand an Cutting Edge? Das war Fords Design mit dem GZ-Lineal, statt gerader Linien gab es nur Schnitte, das automobile Pendant zum New-Age-Yuppie-Chic.
Davon hat sich speziell die neue, vierte Generation des Focus sichtlich abgesetzt, die Experimentier- und Erneuerungsfreude ist einer ruhigen Hand im Styling gewichen, plus die bewährte Formel für Proportionen: länger, breiter, flacher. Ergebnis: ein elegant bis dynamisch wirkender Auftritt als Potpourri heutigen Designschaffens in der Kompaktklasse. Durchaus mit Klasse.
Wenn jede Baureihe für irgendein Attribut steht, so ist es beim Focus traditionell die Agilität, die ein aufgewecktes, hochwertig ausgelegtes Fahrwerk bereitstellt. Ob das der p. t. Kundschaft quer durch die Bank ein so wichtiges Anliegen war, lässt sich schwer sagen, es ist aber eine Tugend, auf der man aufbauen kann. Die flockiger motorisierten ST-Modelle gelten als Geheimtipp für Fahrernaturen, vom scharfen RS nicht zu reden. Während man sich auf die neue ST-Version noch bis zum nächsten Jahr freuen darf, kann man einstweilen über die Literleistung der angebotenen Benziner staunen. 125 PS aus einem Liter Hubraum, gestemmt von einem Dreizylinder etwa. Den 1,0-Liter gibt es sonst auch mit 85 und 100 PS. Wir fuhren erste Kilometer mit dem größeren der beiden Aggregate, einem 1,5-Liter-Dreizylinder, der wahlweise 150 oder, wie probiert, 182 PS leistet. Nur selten hört man die ungerade Zahl im Motorraum, am ehesten im Schubbetrieb, was man dabei spürt, sind die geringen Massen mit weniger Bremswirkung.
Sportwagen seiner Klasse
Beim Gasgeben ist der Motor klanglich und kräftemäßig klar bei den Erwachsenen einzuordnen. Damit nicht genug, nimmt der Motor auch noch einen Zylinder aus dem Spiel, so der Pedaleinsatz es gestattet. Die proklamierten fünfeinhalb Liter im Schnitt bzw. die Abweichung davon muss erst im Praxisbetrieb überprüft werden, aber unter sieben sind auch bei flotter Gangart schon einmal machbar, soweit die erste Peilung. Das geringe Gewicht hilft auf dieser Ebene ebenso wie bei der Agilität, gerade auf der Vorderachse. Das Einlenkverhalten des Focus macht ihn fast zu einer Art Sportwagen seiner Klasse – freilich ohne, dass man im Gegenzug Fahrwerkshärte erdulden müsste. Je nach Motorisierung kommen zwei verschiedene Hinterachsen zum Einsatz.
Alternativ zu den Dreizylindern stehen zwei Dieselmotoren mit 1,5 (95 und 120 PS) und 2,0 Litern Hubraum (150 PS) zur Auswahl, der größere hat eine SCR-Abgasreinigung, tankt also zusätzlich AdBlue.
Mit der neuen Generation zieht auch die Wandlerautomatik ein, so gewünscht, insofern bemerkenswert, als damit auch das Ende der Doppelkupplungstechnik eingeläutet wird. Die heutigen Achtgangautoma- ten können rundweg alles besser und sind das Ding der nächsten Jahre.
Mehr noch ist dies das Aufgebot an Assistenzsystemen und Konnektivität, mit dem der Focus zum hohen Standard schon in der Kompaktklasse aufrückt. Dem Eindruck totaler Digitalisierung im übrigens deutlich geräumigeren Innenraum – Radstand: stolze 2,7 Meter – stellen sich höchst willkommene Drehregler und einstweilen noch analoge Instrumente entgegen, es gilt diesbezüglich vorerst, den Einzug des Head-up-Displays zu feiern.
Die Listenpreise starten bei 19.580 Euro, Aktionen für Leasingvarianten unberücksichtigt, 27.580 Euro ist dagegen ein Richtwert für 150-Benziner-PS mit ziemlich kompletter Ausstattung und Automatik. Erstmals ist mit einer Active-Version der Focus auch mit SUV-Mimikry verfügbar. Den beliebten Kombi namens Traveller gibt es ohnehin, das Stufenheck wird in Österreich nicht angeboten.