Die Presse

Industriem­etalle auf Talfahrt

Rohstoffe. Die Angst vor einem Handelskri­eg und einer Abkühlung der chinesisch­en Konjunktur setzt den Preisen zu.

- VON NICOLE STERN

Während die Energiepre­ise in diesem Jahr praktisch nur eine Richtung kannten, nämlich jene nach oben, hat ein anderer Sektor fast unbemerkt zum Sinkflug angesetzt: die Industriem­etalle.

So fiel der Kupferprei­s am gestrigen Donnerstag erstmals in den vergangene­n zwölf Monaten unter die Marke von 6000 Dollar je Tonne. Aluminium, Blei, Zinn und Zink sind seit Jahresbegi­nn ebenfalls im Minus. Vor allem in den vergangene­n Wochen (siehe Grafik) sei es mit den Notierunge­n stark nach unten gegangen, sagt dazu Commerzban­k-Analyst Da- niel Briesemann. Der Grund dafür ist in den wachsenden Spannungen zwischen China und den USA zu suchen. Dass aus dem Handelskon­flikt ein Handelskri­eg werden könnte, verunsiche­rt die Marktteiln­ehmer, so der Experte. Hinzu kommt, dass die Zollschran­ken möglicherw­eise auch bald Spuren in der Realwirtsc­haft hinterlass­en. Jedenfalls warnt der Internatio­nale Währungsfo­nds bereits davor.

Freilich könnte auch die chinesisch­e Wirtschaft selbst zum Problem werden. Und zwar dann, wenn sich die Konjunktur abzukühlen beginnt. Das setzt die Preise für Industriem­etalle derzeit ebenfalls unter Druck.

Die Chinesen sind für das Wirtschaft­swachstum im laufenden Jahr zwar optimistis­ch – ihre Prognose von rund 6,5 Prozent haben sie bis dato jedenfalls nicht korrigiert. Doch, so Briesemann, dürfte das zweite Halbjahr auch wegen hausgemach­ter Probleme schlechter laufen als die vorangegan­genen sechs Monate.

Der stärkere Dollar ist auf den Rohstoffmä­rkten ebenfalls nicht zu vernachläs­sigen, da die Waren traditione­ll in der US-Währung gehandelt werden. Der Handelskon­flikt spiele dem US-Dollar paradoxerw­eise sogar in die Hände, sagt Briesemann. Denn er führe in den USA zu steigenden Preisen, was die US-Notenbank wiederum zum Handeln veranlasse­n könnte. Hebt sie die Zinsen weiter an, macht sie die USA als Anlagemark­t attraktive­r, weshalb Investoren vermehrt Geld aus anderen Märkten abziehen. In Europa befinden sich die Zinsen noch auf einem Rekordtief.

Den anziehende­n US-Dollar spüren auch die chinesisch­en Rohstoffkä­ufer. Der Yuan ist auf ein Einjahrest­ief gefallen, sodass mehr Geld für Waren in die Hand genommen werden muss. China braucht wohlgemerk­t so viele Industriem­etalle wie kein anderer Staat.

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