Die große Liebe – zum Erbe
Vermögen. Finanzielle Aspekte spielen seit jeher eine Rolle bei der Partnerwahl. Ein Erbe ist dabei wichtiger als das Einkommen, so eine Studie der Deutschen Bundesbank.
Die Hochzeit als romantischer Höhepunkt einer Liebesbeziehung ist eigentlich eine sehr moderne Vorstellung. Noch vor wenigen Generationen war die Partnerwahl auch in Europa sehr stark durch ökonomische Überlegungen geprägt. Ist der künftige Partner beziehungsweise die künftige Partnerin auch finanziell „eine gute Partie“? Oftmals wurde diese Entscheidung auch gar nicht allein getroffen, sondern zumindest von der Familie mitbestimmt. So wie das auch heute noch in anderen Kulturkreisen durchaus üblich ist.
Die aufgeklärten Europäer treffen ihre Heiratswahl heutzutage jedoch ganz allein aufgrund von emotionellen Aspekten. So lautet zumindest das Selbstbild. Dass das nicht ganz stimmt, haben Ökonomen und Soziologen bereits in einer Reihe von empirischen Studien nachgewiesen. Demnach besteht zumindest seit den 1960er-Jahren eindeutig das Muster der „assortativen Paarung“. Die Menschen suchen sich ihren Partner also nach Punkten der soziologischen Ähnlichkeit aus. Vor allem der Bildungsstand wurde dabei über die Jahre ein immer wichtigerer Faktor. Akademiker heiraten also Akademikerinnen. Arbeiterinnen heiraten Arbeiter. Diese Entwicklung ging vor allem mit der Emanzipation der Frauen einher.
Einher mit dem Bildungsstand geht in der Regel auch das Einkommen. Wer besser gebildet ist, verdient meist auch besser. Insofern bedeutet die „assortative Paarung“auch ein Aussuchen nach EinkommensAspekten. Das mag zwar nicht sonderlich romantisch klingen, ist aber durchaus logisch. Denn obwohl durch die Gütergemeinschaft in jedem Fall ökonomische Vorteile erzielt werden, ist mit einem Partner der eigenen Einkommensklasse der bereits gewohnte Lebensstandard leichter zu erhalten. Vor allem dann, wenn durch Kinder die zeitliche Möglichkeit der Erwerbsarbeit eingeschränkt wird.
Ökonomen der Deutschen Bundesbank wollten nun herausfinden, welche Rolle finanzielle Aspekte spielen, die nicht vordergründig durch den Bildungsstand zu erklären sind. In einer Studie („Love and money with inheritance: marital sorting by labor income and inherited wealth in the modern partnership“) untersuchten sie daher, inwiefern es einen Zusammenhang mit einer zu erwartenden Erbschaft und der Partnerwahl gibt.
Basis der Untersuchung waren die Daten von 4500 Haushalten, die im Rahmen einer Befragung Angaben zu ihrer Vermögenssituation gemacht haben. Die Ökonomen erstellten dabei ein Modell, mit dem diese Haushalte per Zufall neu zusammengesetzt wurden, und verglichen es mit der realen Situation. Das Ergebnis war laut den Studienautoren eindeutig: „Die empirischen Befunde weisen darauf hin, dass Erbe eine bedeutende Dimension für die moderne Partnerwahl ist.“
Die Rolle eines Erbes beim künftigen Partner übersteige jene des Einkommens dabei um das Zweieinhalbfache, so die Autoren weiter. Bestätigt würden die Ergebnisse durch Daten einer ähnlichen Untersuchung, die zuvor schon in Frankreich durchgeführt worden war. Für die Vermögensverteilung in der Volkswirtschaft sei das eine relevante Erkenntnis, heißt es weiter. Denn in den kommenden Jahren sei mit einem Anstieg der Zahl von Erbschaften zu rechnen, weshalb die zunehmende Vermögenskonzentration auch eine Konsequenz der entsprechenden Entscheidungen bei der Partnerwahl seien dürfte.
Ganz ist die Romantik bei dem Thema allerdings nicht aus dem Spiel. So müssen die Ergebnisse nicht automatisch auf einen rationellen Homo oeconomicus bei der Partnerwahl hindeuten, so die Forscher. Sie könnten auch eine Folge der gesellschaftlichen Segregation sein. So bewegen sich Menschen aus unterschiedlicher sozialer Herkunft meist auch an verschiedenen Lern- oder Arbeitsorten. Und dort wird der Partner fürs Leben ja meist gefunden.