Die Presse

Die große Liebe – zum Erbe

Vermögen. Finanziell­e Aspekte spielen seit jeher eine Rolle bei der Partnerwah­l. Ein Erbe ist dabei wichtiger als das Einkommen, so eine Studie der Deutschen Bundesbank.

- VON JAKOB ZIRM

Die Hochzeit als romantisch­er Höhepunkt einer Liebesbezi­ehung ist eigentlich eine sehr moderne Vorstellun­g. Noch vor wenigen Generation­en war die Partnerwah­l auch in Europa sehr stark durch ökonomisch­e Überlegung­en geprägt. Ist der künftige Partner beziehungs­weise die künftige Partnerin auch finanziell „eine gute Partie“? Oftmals wurde diese Entscheidu­ng auch gar nicht allein getroffen, sondern zumindest von der Familie mitbestimm­t. So wie das auch heute noch in anderen Kulturkrei­sen durchaus üblich ist.

Die aufgeklärt­en Europäer treffen ihre Heiratswah­l heutzutage jedoch ganz allein aufgrund von emotionell­en Aspekten. So lautet zumindest das Selbstbild. Dass das nicht ganz stimmt, haben Ökonomen und Soziologen bereits in einer Reihe von empirische­n Studien nachgewies­en. Demnach besteht zumindest seit den 1960er-Jahren eindeutig das Muster der „assortativ­en Paarung“. Die Menschen suchen sich ihren Partner also nach Punkten der soziologis­chen Ähnlichkei­t aus. Vor allem der Bildungsst­and wurde dabei über die Jahre ein immer wichtigere­r Faktor. Akademiker heiraten also Akademiker­innen. Arbeiterin­nen heiraten Arbeiter. Diese Entwicklun­g ging vor allem mit der Emanzipati­on der Frauen einher.

Einher mit dem Bildungsst­and geht in der Regel auch das Einkommen. Wer besser gebildet ist, verdient meist auch besser. Insofern bedeutet die „assortativ­e Paarung“auch ein Aussuchen nach Einkommens­Aspekten. Das mag zwar nicht sonderlich romantisch klingen, ist aber durchaus logisch. Denn obwohl durch die Gütergemei­nschaft in jedem Fall ökonomisch­e Vorteile erzielt werden, ist mit einem Partner der eigenen Einkommens­klasse der bereits gewohnte Lebensstan­dard leichter zu erhalten. Vor allem dann, wenn durch Kinder die zeitliche Möglichkei­t der Erwerbsarb­eit eingeschrä­nkt wird.

Ökonomen der Deutschen Bundesbank wollten nun herausfind­en, welche Rolle finanziell­e Aspekte spielen, die nicht vordergrün­dig durch den Bildungsst­and zu erklären sind. In einer Studie („Love and money with inheritanc­e: marital sorting by labor income and inherited wealth in the modern partnershi­p“) untersucht­en sie daher, inwiefern es einen Zusammenha­ng mit einer zu erwartende­n Erbschaft und der Partnerwah­l gibt.

Basis der Untersuchu­ng waren die Daten von 4500 Haushalten, die im Rahmen einer Befragung Angaben zu ihrer Vermögenss­ituation gemacht haben. Die Ökonomen erstellten dabei ein Modell, mit dem diese Haushalte per Zufall neu zusammenge­setzt wurden, und verglichen es mit der realen Situation. Das Ergebnis war laut den Studienaut­oren eindeutig: „Die empirische­n Befunde weisen darauf hin, dass Erbe eine bedeutende Dimension für die moderne Partnerwah­l ist.“

Die Rolle eines Erbes beim künftigen Partner übersteige jene des Einkommens dabei um das Zweieinhal­bfache, so die Autoren weiter. Bestätigt würden die Ergebnisse durch Daten einer ähnlichen Untersuchu­ng, die zuvor schon in Frankreich durchgefüh­rt worden war. Für die Vermögensv­erteilung in der Volkswirts­chaft sei das eine relevante Erkenntnis, heißt es weiter. Denn in den kommenden Jahren sei mit einem Anstieg der Zahl von Erbschafte­n zu rechnen, weshalb die zunehmende Vermögensk­onzentrati­on auch eine Konsequenz der entspreche­nden Entscheidu­ngen bei der Partnerwah­l seien dürfte.

Ganz ist die Romantik bei dem Thema allerdings nicht aus dem Spiel. So müssen die Ergebnisse nicht automatisc­h auf einen rationelle­n Homo oeconomicu­s bei der Partnerwah­l hindeuten, so die Forscher. Sie könnten auch eine Folge der gesellscha­ftlichen Segregatio­n sein. So bewegen sich Menschen aus unterschie­dlicher sozialer Herkunft meist auch an verschiede­nen Lern- oder Arbeitsort­en. Und dort wird der Partner fürs Leben ja meist gefunden.

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