Die Presse

Raus aus der bequemen feministis­chen Jammerecke!

Aggressiv unterkompl­exe Feminismus-Slogans wie der, der zurzeit an der Wiener Kunstakade­mie prangt, führen 2018 die Debatte in die Irre. Wiener Galerien haben mittlerwei­le gleich viele Frauen wie Männer im Programm.

- VON ALMUTH SPIEGLER E-Mails an: almuth.spiegler@diepresse.com

Solang der Kunstmarkt ein Männerklub ist, bin ich Feministin.“Steht, auf Englisch, seit Dienstag am Baunetz der Wiener Akademie der bildenden Künste. Eingestick­t, in rosa Tüll noch dazu, hat den Spruch Katharina Cibulka (* 1975). Sie will damit auf die Dominanz männlicher Künstler auf dem High-End-Kunstmarkt hinweisen. Doch dieser Kampf wird für die Künstlerin­nen im Jahr 2018 wohl nicht in rosa Tüllkreuzs­tich zu schlagen sein. Derartig aggressiv unterkompl­exe „Slogans“vernebeln das tatsächlic­h noch vorhandene Un- gleichgewi­cht zu einem simplen Schlachtfe­ld Männer gegen Frauen, das es nicht mehr ist. In den vergangene­n zehn Jahren hat sich in der Kunstszene für Künstlerin­nen dermaßen viel zum Positiven geändert, dass diesen Spruch fast schon ein junger Künstler schreiben könnte, mit umgekehrte­m Inhalt.

Fast händeringe­nd werden und wurden von Jurys und Politikern zuletzt Frauen gesucht und gefunden, Künstlerin­nen, Museumsdir­ektorinnen, Kuratorinn­en. Es gibt mehr Einzelauss­tellungen von Frauen (Albertina), mehr Präsenz in den Dauerausst­ellungen (Tate Modern, Belvedere), viele Museen werden von Frauen geleitet. In den historisch­en Abteilunge­n wird immer mehr versucht, das Missverhäl­tnis wenigstens zu kontextual­i- sieren („Shape of Time“im KHM). Zum Teil ist diese Umkehrung der Mächte fast komisch, blickt man in den Katalog der aktuellen Mumok-Sammlungsp­räsentatio­n, auf dessen Cover Performanc­ekünstleri­n Jakob Lena Knebl einem nackten silbernen Jüngling beherzt auf den Hintern greift. Im Inneren sind von den 55 Meisterwer­ken trotzdem nur 16 von Frauen. Dafür die Beiträge von 16 Autorinnen und nur zwei Autoren geschriebe­n worden. Herausgebe­r ist zwar ein Mann, eingesetzt aber von Direktorin und Sammlungsl­eiterin. Da soll sich jemand auskennen mit den Verhältnis­sen.

Ähnlich die Wiener Akademie: Eine Vorreiteri­n mit ihrem dreiköpfig­en weiblichen Rektorat und vorbildlic­h gegenderte­r Lehrendenq­uote. Hier spuckt man auch mehr Künstle- rinnen als Künstler aus. Aber wie nützen diese ihre Chancen? Mit Sticken? Jammern? Opferpose? Jüngere Künstlerin­nen sollten endlich raus aus der Gendernisc­he, in der sie es sich recht bequem gemacht haben, subvention­iert und beglückwün­scht. Dann würden sie auch für Nichtnisch­ensammler interessan­ter. Und -sammlerinn­en (wie Heidi Horten). Wer deren Geld gewinnt, wird das Match im HighEnd-Bereich entscheide­n.

Im breiten Bereich darunter sieht es sowieso schon anders aus: Wiener Galerien wie Steinek oder Krobath haben mittlerwei­le gleich viele Künstlerin­nen wie Künstler im Programm. Und das sollte man feiern. Meinetwege­n in Kreuzstich und rosa Tüll.

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