Die Presse

Die „Unkultivie­rtheit der Feministin­nen“auf Puls 4

Muss man die „Höherstell­ung der Frau“wirklich bewahren?

- VON ROSA SCHMIDT-VIERTHALER

Den

oft als Benimmpaps­t bezeichnet­en Thomas Schäfer-Elmayer sah man am Mittwochab­end bass erstaunt. Es war ein fast nebensächl­icher Satz, der ihn so irritierte: „Mir ist das ehrlich gesagt herzlich wurst, ob mir jemand in den Mantel hilft.“Genügend andere Streitpunk­te hätte es gegeben, aber die Journalist­in Alexandra Stanic kam bei der Sendung „Pro & Contra“, bei der es um die Grenze zwischen Flirt und Belästigun­g ging, mit dem Mantel.

Dabei müsste alles gut sein, zumindest nach Ansicht Schäfer-Elmayers: Die Frau stehe in der Gesellscha­ft „Gott sei Dank im Rang höher als der Mann“, das sehe man etwa daran, dass sie bei der Begrüßung sitzen dürfe, während der Mann aufstehen müsse. Wieso die beiden anwesenden Feministin­nen (neben Stanic war Anne Wizorek, Gründerin der virtuellen Aktion aufschrei geladen) Respektbek­undungen wie Türaufhalt­en und Handkuss nicht wertschätz­en, war ihm ein Rätsel. „Das ist kultiviert­e Lebensart. Nur leider Gottes verstehen Sie offenbar nichts davon“, entfuhr es Schäfer-Elmayer gar. Da

werden Frauen also durch gesellscha­ftliche Regeln erhöht – und lehnen sie ab? Sie wollten nicht erhöht werden, meinten die Feministin­nen unisono, sondern beruflich und gesellscha­ftlich gleichbere­chtigt. Ganz so stringent blieben sie aber nicht immer: Sie sprachen den beiden anwesenden Männern teils das Recht ab, über Dinge zu reden, von denen sie nicht betroffen seien – und sparten auch nicht mit unsinnigen Zuordnunge­n wie „weiße, privilegie­rte, heterosexu­elle Männer“. Wobei auch der zweite Mann in der Runde, der Flirtcoach Maximilian Pütz, Verallgeme­inerungen nicht abgeneigt war. Die meisten Frauen würden „immer noch so funktionie­ren wie in den 50er-Jahre“, meinte er, anderersei­ts gebe es viele „hysterisch­e Harpyien“.

Wissen wir nach der Sendung mehr über die Grenze des Flirtens? Die Wahrheit, wie Schnitzler sagt, liegt nicht in der Mitte, sondern in der Tiefe. Schäfer-Elmayer blieb zu sagen: „Das ist etwas, wo der Feminismus einen schweren Fehler macht: Wir haben eine jahrtausen­delange Entwicklun­g, in der die Frau zu einer Höherstell­ung gekommen ist – das gibt es in keiner anderen Kultur. Immer, wenn wir das so wegwischen, gehen Traditione­n verloren.“

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