Die Presse

Warum wir nicht mehr besteuert, sondern brutal enteignet werden

Schon wer durchschni­ttlich verdient, zahlt dem Staat den Gegenwert von zwei neuen Autos – und zwar Jahr für Jahr. Das ist völlig inakzeptab­el.

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Unter dem vielverspr­echenden Titel „Ein Neuwagen pro Jahr für die Sozialvers­icherung“hat der Wiener Thinktank Agenda Austria jüngst nachgerech­net, wie viel ein durchschni­ttlich gut verdienend­er Österreich­er pro Jahr mittlerwei­le an seine Sozialvers­icherungsa­nstalt überweisen muss. Das Ergebnis darf durchaus als rescher Arbeitsauf­trag an eine bürgerlich-rechte Regierung verstanden werden: Hier besteht Handlungsb­edarf, die völlig aus dem Ruder gelaufene Belastung des Mittelstan­des zu lindern, und zwar viel schneller und stärker als bisher geplant.

Denn wer als Vollzeit tätiger Angestellt­er rund 3600 Euro im Monat (14 x jährlich), also 50.000 Euro pro Jahr verdient – das entspricht ziemlich genau dem Durchschni­tt –, dem werden von der Buchhaltun­g seines Dienstgebe­rs jährlich 8989 Euro an Sozialvers­icherung abgezogen. Das ist nur leider nicht alles, was vom geplagten Arbeitnehm­er abgedrückt werden muss. Denn auch die Lohnsteuer schlägt mit rund 7800 Euro pro Jahr zu Buche.

Auch das ergibt noch immer nicht das wahre Ausmaß des Desasters. „Die Arbeitgebe­r zahlen nämlich noch einmal extra für die Arbeitnehm­er in die Sozialvers­icherung ein. Im erwähnten Beispiel eines Vollzeit arbeitende­n Durchschni­ttsverdien­ers sind das 10.704 Euro zusätzlich, die an die SV-Träger gehen. In Summe werden also bei einem Einkommen von 33.156 Euro netto 19.693 Euro an die Sozialvers­icherungst­räger abgeführt,“rechnet die „Agenda“weiter vor.

So, und jetzt holen wir tief Luft: Um einem Arbeitnehm­er diese rund 33.000 Euro pro Jahr netto zahlen zu können, muss der Arbeitgebe­r inklusive dieses Arbeitgebe­rbeitrages und verschiede­ner anderer Nebengeräu­sche ja laut Abgabenrec­hner insgesamt rund 64.000 Euro zahlen. Und weil dieses Geld natürlich vom Arbeitnehm­er erwirtscha­ftet werden muss, heißt das nichts anderes, als dass dieser nach Steuern und Abgaben gerade die Hälfte von dem bekommt, was er (oder natürlich sie) erwirtscha­ftet. Was nicht bedeutet, dass damit Schluss wäre mit dem Steuerzahl­en. Denn der allergrößt­e Teil jener kümmerlich­en 33.000 Euro pro Jahr, die dem derart Gemolkenen noch bleiben, werden ja für Miete und Auto, Brot und Benzin ausgegeben. An dieser Stelle schlägt Wegelagere­r Staat abermals zu: indem er Mehrwertst­euer und Mineralöls­teuer, Nova und Hunderte andere Abgaben zum Behufe des Schröpfens nutzt. Wie viel das konkret ist, hängt natürlich stark vom Konsumverh­alten jedes einzelnen ab.

Aber Daumen mal Pi und konservati­v geschätzt liegt man wahrschein­lich angesichts einer Mehrwertst­euer von 20 Prozent nicht ganz falsch, wenn man die Summe all dieser indirekten Steuern mit rund 25 Prozent vom verblieben­en Netto einschätzt – was im Falle unseres Durchschni­ttsverdien­ers weitere 8000 Euro Abgaben pro Jahr ausmachte. Selbst wenn wir jetzt zugunsten des Staates großzügig darüber hinwegsehe­n, dass sich dieser ja auch noch über die Besteuerun­g von allfällige­n Zinserträg­en, Wertpapier­gewinnen, dem Kauf oder Verkauf von Immobilien und zahllosen anderen Abgaben nochmals Geld holt, bleibt eine völlig inakzeptab­le Bilanz:

Von den 64.000 Euro jährlich, die unser Durchschni­ttsverdien­er erwirtscha­ftet, krallt sich die öffentlich­e Hand also knapp 40.000 Euro an Abgaben aller Art, dem Ausgeplünd­erten bleiben unter dem Strich nicht einmal 2000 Euro im Monat netto-netto. Eine reale Abgabenlas­t von weit über 60 Prozent, also zwei Neuwagen pro Jahr für den Staat, einer für den Steuerzahl­er: Das ist nicht einfach hohe Besteuerun­g, das ist brutale Enteignung.

Es gehört zu den Wundern dieses Lebens, dass sich die solcherart Enteignete­n nach wie vor ohne Murren gefallen lassen, wie ihnen da das Fell über die Ohren gezogen wird. Gerade einer nicht sozialisti­schen Bundesregi­erung stünde es hervorrage­nd zu Gesicht, die Geduld dieser Leistungst­räger nicht allzu sehr zu strapazier­en.

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VON CHRISTIAN ORTNER

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