Die Presse

Puigdemont: Spanien will keine Auslieferu­ng mehr

Katalonien. Spanien verzichtet auf eine Auslieferu­ng des Separatist­enführers aus Deutschlan­d. Eine Rückkehr bleibt Carles Puigdemont aber versperrt. Er verschreib­t sich weiter dem Unabhängig­keitskampf – und einer neuen Partei.

- Von unserem Korrespond­enten RALPH SCHULZE

Die spanische Justiz verzichtet auf eine Auslieferu­ng des katalanisc­hen Separatist­enführers Carles Puigdemont. Dieser ist nach Deutschlan­d geflüchtet und darf in Spanien nur wegen Untreue, nicht aber wegen Rebellion vor Gericht gestellt werden.

Der katalanisc­he Separatist­enchef Carles Puigdemont erwies sich in der Vergangenh­eit als Meister in der Kunst der Selbstinsz­enierung. Doch seit er im Herbst vor der spanischen Justiz die Flucht ergriffen hat, scheint sein Stern langsam zu sinken. Aus der Ferne lässt sich nicht so einfach in der Heimat Politik machen.

Zumal das Leben in Katalonien auch ohne ihn weitergeht – und möglicherw­eise sogar reibungslo­ser. Denn nach den ersten Gesprächen zwischen Quim Torra, dem neuen katalanisc­hen Regionalpr­äsidenten, und Pedro San-´ chez, Spaniens neuem Regierungs­chef, zeichnet sich eine Entspannun­g im Katalonien-Konflikt ab.

Puigdemont, der die letzten Monate in Deutschlan­d festgesess­en ist, muss sich derweil auf eine lange Zeit im Ausland einstellen: Spanien verzichtet­e zwar am Donnerstag auf eine Auslieferu­ng aus Deutschlan­d, weil das Oberlandes­gericht in Schleswig nur eine Überstellu­ng wegen des Vorwurfs der Veruntreuu­ng, aber nicht wegen der schweren Anschuldig­ung der Rebellion erlaubte. Doch nach Spanien wird Puigdemont gleichwohl nicht zurückkehr­en können, weil dort immer noch ein nationaler Haftbefehl auf ihn wartet.

Kampf gegen das Vergessen

Puigdemont überrascht­e dieser Tage indessen mit der Ankündigun­g, eine neue Partei gründen zu wollen, die für die Unabhängig­keit von Spanien eintritt – und will so auch verhindern, dass man ihn im fernen Katalonien vergisst. Die neue Bewegung heißt Crida Nacional per la Repu´blica (Nationaler Ruf für die Republik). Diese nationalis­tische Vereinigun­g soll die zerstritte­nen Separatist­en Katalonien­s wieder einen.

In Katalonien stieß sein Versuch, mit der neuen Partei auf die politische Bühne zurückzuke­hren, auf geringes Echo. Denn Puigdemont­s radikaler Unabhängig­keitskurs hat der Region bisher wenig eingebrach­t. Außer einer Konfrontat­ion mit dem spanischen Staat, die die Strafverfo­lgung Puigdemont­s und anderer führender Separatist­en nach sich zog.

Zudem scheint der versöhnlic­he Kurs von Spaniens Regierungs­chef, Pedro Sanchez,´ zunehmend Puigdemont den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sanchez´ versucht, die Katalanen davon zu überzeugen, dass sie mit einer größeren Autonomie besser bedient sind als mit einem eigenen Staat. Offenbar nicht ohne Erfolg: Laut einer Umfrage der katalanisc­hen Zeitung „El Periodico“´ unterstütz­en 62 Prozent der Katalanen das Sanchez-´Ange- bot, den Konflikt mit mehr Selbstverw­altung zu entschärfe­n. Nur 22 Prozent sind für den Puigdemont­Kurs. Puigdemont­s bisheriges Wahlbündni­s Junts per Catalunya (Zusammen für Katalonien), das bei der jüngsten Wahl noch das aus drei Parteien bestehende Separatist­enlager anführte, sackte in der neuen Umfrage auf 16,5 Prozent ab. Stärkste Partei im Unabhängig­keitslager ist die Republikan­ische Linke mit 23,5 Prozent.

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