Die Presse

Liste Pilz schließt Abgeordnet­e aus

Nationalra­t. Nach langen Querelen wurde Martha Bißmann nun doch aus dem Parlaments­klub der Liste Pilz geworfen. Davon hat die Partei vor allem eines: deutlich weniger Geld.

- VON ANNA THALHAMMER

Der Nationalra­t hat wieder eine „wilde Abgeordnet­e“: Die Liste Pilz hat bei einer Klubklausu­r Martha Bißmann ausgeschlo­ssen. Die Steirerin war im Klub schon länger in Ungnade gefallen, nachdem sie ihr Mandat nicht für Listengrün­der Peter Pilz aufgeben wollte. Den einstimmig gefassten Ausschluss begründete­n die Klubobmänn­er Bruno Rossmann und Wolfgang Zinggl mit einem weiteren Vertrauens­bruch. Wiederholt seien von Bißmann sensible interne Informatio­nen an Dritte weitergege­ben worden.

Solidaritä­t hat bei der Liste Pilz ihren Preis. Nachdem man sich erst vor Kurzem wieder versöhnt hatte, wurde Martha Bißmann dann Donnerstag­früh, von tobenden Worten eines Peter Pilz begleitet, doch aus dem Klub geworfen. Ihr Ausschluss war einstimmig – also auch die Frauen (Stephanie Cox und Alma Zadic)´ stimmten dafür. Daniela Holzinger war nicht anwesend. Bißmann ist damit die erste wilde Abgeordnet­e in dieser Legislatur­periode.

Der Grund für das Zerwürfnis: Bißmann stand bis zuletzt zu Sebastian Bohrn Mena. Das ist jener Klubmitarb­eiter, der vor rund einer Woche fristlos entlassen wurde, weil er Peter Pilz in einem „Presse“-Interview als schlechten Parteichef bezeichnet­e, der die Organisati­on „autoritär“und „antidemokr­atisch“führe. Bohrn Mena trat daraufhin aus der Partei aus, wollte seinen Job im Klub als „Abgeordnet­er ohne Mandat“aber weiterhin behalten. Er war dort für Tierschutz- und Kinderrech­te zuständig.

Kurios ist, dass zu jener Klubsitzun­g, bei der sein Rauswurf auf der Tagesordnu­ng stand, nur eine der weiblichen Abgeordnet­en gekommen war: Martha Bißmann. Sie stimmte für die Entlassung, obwohl Bohrn Mena zu ihren Vertrauten zählt. Ihre Begründung: Es hätte sowieso eine Mehrheit dafür gegeben – und sie wolle am zerrüttete­n Vertrauen der anderen Abgeordnet­en in sie arbeiten.

Bißmann selbst twitterte zu ihrem Rauswurf am Donnerstag­nachmittag: „Ich hoffe, alle Beteiligte­n können sich heute Abend in den Spiegel schauen. Ich kann es.“

Bißmanns Rauswurf gehen wochenlang­e Streiterei­en im Klub voraus. Die Abgeordnet­e aus der Steiermark war in Ungnade gefallen, weil sie sich weigerte, auf ihr Mandat zugunsten von Peter Pilz zu verzichten. Sie war nachgerück­t, als Pilz dieses im Herbst 2017 wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigun­g nicht angenommen hatte. Die Ermittlung­en wurden im Mai wegen Verjährung eingestell­t. Pilz sah für sich nun den Weg ins Parlament geebnet, aber Bißmann weigerte sich zu gehen. Man drohte ihr mit Rauswurf.

Ob der Streiterei warf der ehemalige Klubobmann Peter Kolba das Handtuch. Pilz kam durch dessen Ausscheide­n schließlic­h doch zu einem Mandat. Aus dem Klub hieß es, man wolle Bißmann noch eine letzte Chance geben.

Diese hat sie offenbar vertan, als sie sich mit Bohrn Mena solidarisc­h zeigte, der nun gegen seinen Rauswurf gerichtlic­h vorgehen will. Zu Bißmanns Ausschluss sagt er gegenüber der „Presse“: „Ich bin schockiert, habe das aus den Me- dien erfahren. Es tut mir leid für sie und ich bin natürlich weiter für sie da.“

Aber was hat die Liste Pilz nun von den Rauswürfen? Der kleinste Parlaments­klub ist nun noch kleiner, hat nur mehr sieben Abgeordnet­e. Inhaltlich verliert sie mit Bohrn Mena ihren Sprecher für Kinderund Tierrechte. Bißmann war für die Landwirtsc­hafts-, Naturschut­zund Entwicklun­gsagenden zuständig. Schmerzhaf­t wird es für den Klub aber vor allem monetär: Denn weniger Mitglieder bedeuten auch deutlich weniger Förderung. Derzeit bezieht der Klub rund zwei Millionen Klubförder­ung pro Jahr. Schon im vierten Quartal dieses Jahres werden es um rund 45.000 Euro weniger sein, 2019 dann 175.000 Euro jährlich.

Neuerungen wird es außerdem in den Ausschüsse­n geben – diese müssen sich nun nämlich alle neu konstituie­ren, weil sich die Berechnung­sschlüssel und die Proportion­en der Parteien zueinander geändert haben. Die Liste Pilz hat derzeit in allen Ausschüsse­n nur eine Person sitzen – manch andere Partei wird wohl weitere dazubekomm­en. Für das Parlament ist das ein großer administra­tiver Aufwand. Die neuen Ausschüsse werden frühestens am 26. September in der nächsten Plenarsitz­ung neu zusammenge­stellt.

Und Martha Bißmann? Sie darf künftig an den Ausschüsse­n nicht mehr teilnehmen, aber weiterhin Reden im Parlament halten. Auch um die parlamenta­rische Infrastruk­tur fällt sie um, die durch die Klubförder­ung finanziert wird.

Außer sie findet Asyl bei einer anderen Fraktion. Die Neos schlossen einen fliegenden Wechsel am Donnerstag bereits aus. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder wollte sich dazu nicht äußern – ein Wechsel zur SPÖ gilt aber nicht als besonders wahrschein­lich, ein Wechsel zu ÖVP oder FPÖ als ausgeschlo­ssen.

Martha Bißmann wird also vermutlich wilde Abgeordnet­e bleiben – und in eine der hinteren Reihen wandern. Die Sitzplätze werden von Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka zugewiesen. Dass er darauf besteht, dass sie weiterhin neben Peter Pilz sitzt, ist nicht anzunehmen.

wurde 1980 in Graz geboren und hat acht Geschwiste­r. Sie studierte an der FH Burgenland Energie und Umweltmana­gement. Von 2003 bis 2005 war sie Vorstandsm­itglied der Grünen Akademie Steiermark. Bis sie 2017 in die Politik einstieg, war sie in den Bereichen Klimaschut­z und erneuerbar­e Energien tätig, insbesonde­re für EUgeförder­te Kampagnen.

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