Geschlossene Lager im Realitätscheck
Griechenland. Auf Lesbos befindet sich ein Flüchtlingslager, wie es künftig an Außengrenzen eingerichtet werden soll. Es funktioniert mehr schlecht als recht.
Die Pläne liegen auf dem Tisch: Flüchtlinge und sonstige Migranten sollen künftig in der Europäischen Union nur noch in geschlossenen Lagern eine Erstaufnahme finden. Von hier aus sollen sie entweder als anerkannte Flüchtlinge aufgenommen oder umgehend in ihre Herkunftsländer zurückgeschoben werden. Die Idee wird wie zuletzt beim EUGipfel im Juni diskutiert, obwohl sie in der Realität bereits vorhanden ist. Moria, ein Lager auf der griechischen Insel Lesbos, sollte eigentlich auf diese Weise funktionieren. Aber es tut dies mehr schlecht als recht. Bisher löst es keine Probleme, sondern schafft neue.
Ankommende sitzen hier oft zwei Jahre oder länger fest. Dies liegt zum einen an den langwierigen Verfahren in Griechenland, aber auch am Unvermögen, abgewiesene Asylwerber zurückzuschieben. So bleiben sie ohne Auf- enthaltstitel vorerst hier. Eine Weiterreise auf das Festland wird ihnen verwehrt.
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hat zuletzt die Lage im Lager Moria als „dramatisch“bezeichnet. „Immer wieder kommt es in dem völlig überfüllten EUHotspot zu Unruhen, gewaltsamen Auseinandersetzungen und sexueller Gewalt“, heißt es in einer aktuellen Aussendung. Das Lager ist für eine Kapazität von 3100 Bewohnern ausgelegt, doch mittlerweile sind es 7585.
Eine Dusche für 84 Menschen
Erst vor zwei Wochen kam es in der Nacht zu Schlägereien zwischen Migranten. Dabei wurden zwölf Menschen verletzt. Ärzte ohne Grenzen ist überzeugt: „Ein großer Teil der Spannungen ist auf die völlige Überfüllung sowie auf die unzumutbaren Lebensbedingungen im Lager zurückzuführen. Im Hauptteil des Lagers sowie dem angrenzenden Olivenhain, in dem mehrere Hundert Menschen ihre Behausungen aufgebaut haben, müssen sich 72 Menschen eine Toilette und 84 Menschen eine Dusche teilen.“Die sommerlichen Temperaturen erschweren die Situation zusätzlich.
Eigentlich sollte in sogenannten Hotspots der EU wie auf Lesbos rasch eine Vorauswahl getroffen werden, wer Chancen auf Asyl in der EU hat und wer nicht. Aus der Türkei kommende Flüchtlinge sollten umgehend dorthin zurückgebracht und an ihrer statt jeweils ein syrischer Flüchtling aufgenommen werden. Aber die Umsetzung funktioniert kaum und wenn, dann nur schleppend. Das griechische Personal reicht dafür nicht aus, und die EU-Beamten, die vor Ort bei der Abwicklung helfen, haben zu wenig Kompetenzen.
Weil sich die Lage auf Lesbos und in weiteren griechischen Lagern nicht entspannt, mussten die EU-Staaten zuletzt weitere 20 Millionen Euro genehmigen, um Griechenland bei der Bewältigung dieser Aufgabe zu helfen.