Sparen? Gewiss, aber nicht einen lachhaften Cent pro Kopf und Nase
Sollen türkische Führerscheinprüflinge Deutsch so gut beherrschen, dass sie den Multiple-Choice-Test in der Landessprache ablegen? Ja, aber nicht aus Spargründen.
So eine Geldverschwendung aber auch! Da werden Steuergelder in teure Autobahnen gepumpt, und dann zuckeln die Autofahrer mit 80 dahin, sagt der Verkehrsminister. Und setzt flott das Tempolimit hinauf. Zwar ließen Unfallstatistiken andere Maßnahmen klug erscheinen, Karambolagen werden eher weniger von (zu) Langsamfahrern als von Tempobolzern verursacht. Aber nun sind die geschwindigkeitsrauschigen Lichthuper, die einem auf der Stoßstange kleben, nur damit sie eine Minute schneller ans Ziel anlangen, endlich im Recht.
Im „hohen fünfstelligen“Bereich bewegt sich das jüngste Sparefrohprojekt des Verkehrsministers, wonach Führerscheinprüfungen künftig nicht mehr auf Türkisch abgenommen werden dürfen. Für sich genommen klingt dies als Integrationsmaßnahme durchaus vernünftig. Es ist tatsächlich bestürzend, wenn junge Türkinnen und Türken, von denen die meisten vermutlich neun Pflichtschuljahre in Österreich absolviert haben, so schlecht Deutsch sprechen, dass sie die Führerscheinprüfung offenbar nur auf Türkisch schaffen.
Und wie Kollege Köksal Baltaci in der „Presse am Sonntag“unaufgeregt wie folgerichtig kommentierte, sollte man meinen, es herrsche allgemeiner Konsens darüber, dass Voraussetzung für die Teilhabe am kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben – und für den Erwerb des Führerscheins – die Kenntnis einer der Landessprachen ist. Auch das Argument, dass sich EU-Bürger und andere migrantische Bevölkerungsgruppen diskriminiert fühlen könnten, weil es das Angebot in ihrer Muttersprache nicht gibt, klingt plausibel.
Aber dann zog der Minister geschickt die Geldkarte, die sticht alles. Er habe die Entscheidung auch wegen gegenüber der Öffentlichkeit nicht vertretbaren Mehrkosten treffen müssen. Der Neid ist ein Hund, auch wenn es sich nur um Diskontpreise a` la Hofer handelt.
Jedenfalls beträgt das fünfstellige Einsparungspotenzial, über das der Verkehrsminister reichlich vage informiert, im Allerhöchstfall 99.999 Euro. Dividiert man diese Zahl durch 8,8 Millionen Einwohner, so dürfen sich Herr und Frau Österreicher pro Kopf und Nase nun über exakt 0,01124 Euro, also einen einzigen Cent mehr in der Spardose freuen. Ein einmaliger Zugewinn, in jeder Hinsicht. Falls der Fünfsteller nicht sowieso direttissimo im Futtertrog der Polizeipferdestaffel landet.
Allerdings gäbe es in dieser Preiskategorie noch ein paar Möglichkeiten, um die Neiddebatte am Köcheln zu halten. Fünfzig Prozent der Österreicher verfügen über ein jährliches Nettoeinkommen von weniger als 23.600 Euro. Fast so viel, nämlich zwischen 15.000 und 21.000 Euro brutto, verdienen auch Österreichs Spitzenpolitikerinnen und -politiker – allerdings nicht pro Jahr, sondern pro Monat, und zwar 14-mal. Macht über den Daumen in Summe zwei Millionen Euro jährlich, nicht eingerechnet die Gagen von Nationalrats-, Landund Bundestagsabgeordneten, Gemeinde- und Stadträten, Parteien- und Klubförderungen, Dienstautos, Diäten, Zulagen.
In diesen abgeschotteten Parallelgesellschaften pflegt man eigene Sitten und Gebräuche und hat eine rätselhafte Sprache entwickelt. Um die Politiker aus ihrem selbst gewählten Ghetto zu holen, sie in der Mehrheitsbevölkerung zu integrieren und dieser gleichzeitig das offenbar befriedigende Gefühl zu geben, bei anderen einzusparen, könnte man von den Politikerspitzengagen jenes vergleichsweise bescheidene Sümmchen als gesellschaftsrelevanten Solidarbeitrag abzwacken, das netto durchschnittlich auf einem österreichischen Gehaltskonto landet. Um damit etwa die beschämend geringen Mindestpensionen aufzudoppeln; oder Deutschkurse zu finanzieren.
Dumme Idee? Stimmt genau. Blanker Populismus, der niedrige Neidinstinkte wecken will. Aber nicht viel dümmer und durchschaubarer als die blauäugige Ansage, mit der Abschaffung der türkischsprachigen Führerscheinprüfung würde sich Österreich arg viel Geld ersparen.