Zwölf-Stunden-Tag: „Betroffenen-Hotline“kommt
Arbeitszeiten. Die SPÖ verspricht der Regierung einen „heißen Herbst“mit Aktionen gegen die Neuregelung. Als Hebel sollen unter anderem die Kollektivvertragsverhandlungen dienen. Ein Volksbegehren ist noch nicht vom Tisch.
Die SPÖ will sich weiterhin nicht mit dem Zwölf-Stunden-Tag und der 60-Stunden-Woche, die mit 1. September in Kraft treten, abfinden. Sozialsprecher Josef Muchitsch versprach der Regierung am Mittwoch einen „heißen Herbst“– mit Aktionen gegen die Arbeitszeitflexibilisierung.
Das neue Arbeitszeitgesetz enthalte „keine einzige Verbesserung für die Arbeitnehmer“und sei schlichtweg ein Eigentor der Regierung gewesen, sagte Muchitsch bei einer Pressekonferenz. Die SPÖ will deshalb weiter dagegen ankämpfen. Für Herbst sind unter anderem eine Aufklärungskampagne und eine BetroffenenHotline geplant. Letztere soll den Menschen Auskunft über ihre Möglichkeiten und Rechte geben – und insbesondere jenen zur Verfügung stehen, die „durch das Gesetz unter die Räder kommen“.
Außerdem will die SPÖ im September gemeinsam mit dem Gewerkschaftsbund (ÖGB) bei einer Konferenz der Kollektivvertragsverhandler eine gemeinsame Strategie festlegen. „Was man den Arbeitnehmern bereits weggenommen hat, versuchen wir bei den Kollektivvertragsverhandlungen wieder reinzubringen“, kündigte Muchitsch an. Die SPÖ fordert unter anderem eine klare Regelung der Freizeit, die leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche und einen Rechtsanspruch auf die Vier-Tage-Woche.
Auch ein Volksbegehren ist laut Muchitsch noch nicht vom Tisch. Dieses solle aber nicht von der SPÖ, sondern überparteilich getragen werden. Nur dann sei es sinnvoll. „Es haben sich schon viele Organisationen gemeldet, die Kritik geäußert haben. Nun gilt es, diese Kräfte zu bündeln.“
Neben der Arbeitszeitflexibilisierung kritisiert Muchitsch, dass der Sozialstaat abgebaut werde. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) würden das Land in eine Einbahnstraße führen. Problematisch sei etwa die „Unfairness“beim Familienbonus. „Erstmals in der Zweiten Republik unterscheidet der Staat bei Kindern, wie viel Geld sie haben sollen.“Die Steuererleichterung für Familien mit Kindern gelte nämlich erst ab einem Einkommen von rund 1700 Euro, die Schwächsten profitieren also nicht davon.
Die geplante Abschaffung des Kumulationsprinzips bei Verwaltungsstrafverfahren stößt beim Sozialsprecher der SPÖ ebenso auf Kritik. Davon profitieren unter anderem Großkonzerne, die dann bei Arbeitszeitverletzungen nicht mehr für jeden einzelnen Mitar- beiter Strafe zahlen müssten. Aus Muchitschs Sicht ist dieses Vorhaben eine türkis-blaue Einladung zum Lohn- und Sozialdumping.
Dass die Unfallversicherung (AUVA) 500 Millionen Euro einsparen muss, hält Muchitsch für unrealistisch. „Es ist unmöglich, das zu schaffen. Das ist ein gezieltes Hinsteuern auf die Auflösung der AUVA.“Mit Spannung erwarte er außerdem die Reformen beim Arbeitslosengeld und bei der Mindestsicherung. Die Reduktion der Arbeitslosenversicherungsbeiträge hätte die SPÖ ja mitgetragen – allerdings müssten die Einnahmen, die dem AMS dadurch entgangen sind, gegenfinanziert werden. „Man kann dem AMS nicht die Mittel entziehen. Das ist Sparen bei Leistungen, Schulungen und Integration.“(red./APA)