Wie Krankenkassen Kosten verstecken
Gesundheit. Die Verwaltungskosten der Krankenkassen sind höher als offiziell ausgewiesen. So werden viele Ausgaben unter „Sonstiges“versteckt. Es geht um bis zu 300 Millionen Euro.
Offiziell geben Österreichs Krankenkassen nur 492 Millionen Euro für die Verwaltung aus. Das sind drei Prozent der Gesamtausgaben, wie aus dem aktuellen Jahresbericht des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger hervorgeht. Mit den drei Prozent schneiden Österreichs Krankenkassen im internationalen Vergleich gut ab. Doch tatsächlich sind die Ausgaben für die Verwaltung wesentlich höher als die offiziell ausgewiesenen drei Prozent. Das zeigt eine parlamentarische Anfragebeantwortung von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ). Denn viele Verwaltungsaufgaben werden in der 300 Millionen Euro schweren Position „sonstige betriebliche Aufwendungen“versteckt. Eingebracht wurde die Anfrage von Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker. Die Daten liegen der „Presse“vorab exklusiv vor.
Die höheren Verwaltungsausgaben sind Zündstoff für die von der Regierung geplante Fusion der Sozialversicherungsträger. So wollen ÖVP und FPÖ die 21 Sozialversicherungsträger auf vier oder fünf zusammenlegen. Die Zukunft der Unfallversicherungsanstalt AUVA ist weiterhin offen.
Die Regierung erhofft sich von der Fusion Einsparungen von einer Milliarde Euro. Die Gewerkschaften und die Sozialdemokraten laufen dagegen Sturm. Auch die meisten Krankenkassen legen sich gegen die Zusammenlegung quer. Sie behaupten, dass ihre Verwaltungskosten ohnehin niedrig seien und daher eine Fusion nicht notwendig sei.
So stellte die Industriestaatenorganisation OECD den österreichischen Sozialversicherungen im Vorjahr ein gutes Zeugnis aus. Die OECD bezog sich auf die Zahlen aus dem Jahr 2014. Damals lag in Österreich die Verwaltungsquote bei 2,8 Prozent. In den Niederlanden und in Frankreich waren es 4,1 Prozent. Für die Schweiz wurden 4,3 Prozent ausgewiesen. An der Spitze lagen die USA mit einer Verwaltungsquote von 7,9 Prozent. Die OECD stellte für den Vergleich keine eigenen Berechnungen an, sondern bezog sich auf die offiziellen Angaben der Krankenkassen.
Doch an dieser Darstellung sind Zweifel angebracht, wie die Anfragebeantwortung der Sozialministerin zeigt. Denn viele Verwaltungsaufgaben scheinen in der 300 Millionen Euro schweren Position „sonstige betriebliche Aufwendungen“auf. Diese Position umfasst viele kleinere Beträge. So müssen die Krankenkassen dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger beispielsweise für verschiedene Verwaltungsleistungen Geld überweisen. Ganz oben auf der Liste bei den „sonstigen betrieblichen Aufwendungen“steht der Verbandsbeitrag an den Hauptverband. Dabei handelt es sich um einen Mitgliedsbeitrag der Kassen an den Hauptverband, damit dieser seine Ausgaben abdecken kann. Von 2011 bis 2017 ist dieser Beitrag von 24,9 Millionen Euro auf 31,6 Millionen Euro gestiegen.
Dann gibt es noch den Verbandsbeitrag für die IT der Sozialversicherungen. Dabei handelt es sich um den Mitgliedsbeitrag der Kassen an die zentrale IT der Sozialversicherungen (wie Rechenzentrum, IT-Sicherheit etc.). Hier geht es um 17,2 Millionen Euro. Hinzu kommen weitere Verbands- beiträge für das zentrale Elga-System (Elektronische Gesundheitsakte) und für das zentrale E-CardSystem. Auch die Werbeausgaben sowie der Aufwand für die Geschäftsführung bei der IT der Sozialversicherungen fallen unter „Sonstiges“.
Die Anfragebeantwortung zeigt, dass diese verschleierten Verwaltungsausgaben von 2011 bis 2017 um 30 Prozent gestiegen sind. Die Neos planen weitere Anfragen, um zusätzlichen Verwaltungsausgaben auf die Spur zu kommen. Die Neos vermuten, dass die Verwaltungsquote nicht bei 3,0 Prozent, sondern tatsächlich bei 4,7 Prozent liegt. „Uns geht es hier um Transparenz“, sagt Loacker.
Die Krankenkassen versichern, dass sie sich bei ihren Jahresberichten an alle gesetzlichen Vorgaben halten.