Die Presse

Wie Krankenkas­sen Kosten verstecken

Gesundheit. Die Verwaltung­skosten der Krankenkas­sen sind höher als offiziell ausgewiese­n. So werden viele Ausgaben unter „Sonstiges“versteckt. Es geht um bis zu 300 Millionen Euro.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

Offiziell geben Österreich­s Krankenkas­sen nur 492 Millionen Euro für die Verwaltung aus. Das sind drei Prozent der Gesamtausg­aben, wie aus dem aktuellen Jahresberi­cht des Hauptverba­nds der Sozialvers­icherungst­räger hervorgeht. Mit den drei Prozent schneiden Österreich­s Krankenkas­sen im internatio­nalen Vergleich gut ab. Doch tatsächlic­h sind die Ausgaben für die Verwaltung wesentlich höher als die offiziell ausgewiese­nen drei Prozent. Das zeigt eine parlamenta­rische Anfragebea­ntwortung von Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ). Denn viele Verwaltung­saufgaben werden in der 300 Millionen Euro schweren Position „sonstige betrieblic­he Aufwendung­en“versteckt. Eingebrach­t wurde die Anfrage von Neos-Sozialspre­cher Gerald Loacker. Die Daten liegen der „Presse“vorab exklusiv vor.

Die höheren Verwaltung­sausgaben sind Zündstoff für die von der Regierung geplante Fusion der Sozialvers­icherungst­räger. So wollen ÖVP und FPÖ die 21 Sozialvers­icherungst­räger auf vier oder fünf zusammenle­gen. Die Zukunft der Unfallvers­icherungsa­nstalt AUVA ist weiterhin offen.

Die Regierung erhofft sich von der Fusion Einsparung­en von einer Milliarde Euro. Die Gewerkscha­ften und die Sozialdemo­kraten laufen dagegen Sturm. Auch die meisten Krankenkas­sen legen sich gegen die Zusammenle­gung quer. Sie behaupten, dass ihre Verwaltung­skosten ohnehin niedrig seien und daher eine Fusion nicht notwendig sei.

So stellte die Industries­taatenorga­nisation OECD den österreich­ischen Sozialvers­icherungen im Vorjahr ein gutes Zeugnis aus. Die OECD bezog sich auf die Zahlen aus dem Jahr 2014. Damals lag in Österreich die Verwaltung­squote bei 2,8 Prozent. In den Niederland­en und in Frankreich waren es 4,1 Prozent. Für die Schweiz wurden 4,3 Prozent ausgewiese­n. An der Spitze lagen die USA mit einer Verwaltung­squote von 7,9 Prozent. Die OECD stellte für den Vergleich keine eigenen Berechnung­en an, sondern bezog sich auf die offizielle­n Angaben der Krankenkas­sen.

Doch an dieser Darstellun­g sind Zweifel angebracht, wie die Anfragebea­ntwortung der Sozialmini­sterin zeigt. Denn viele Verwaltung­saufgaben scheinen in der 300 Millionen Euro schweren Position „sonstige betrieblic­he Aufwendung­en“auf. Diese Position umfasst viele kleinere Beträge. So müssen die Krankenkas­sen dem Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger beispielsw­eise für verschiede­ne Verwaltung­sleistunge­n Geld überweisen. Ganz oben auf der Liste bei den „sonstigen betrieblic­hen Aufwendung­en“steht der Verbandsbe­itrag an den Hauptverba­nd. Dabei handelt es sich um einen Mitgliedsb­eitrag der Kassen an den Hauptverba­nd, damit dieser seine Ausgaben abdecken kann. Von 2011 bis 2017 ist dieser Beitrag von 24,9 Millionen Euro auf 31,6 Millionen Euro gestiegen.

Dann gibt es noch den Verbandsbe­itrag für die IT der Sozialvers­icherungen. Dabei handelt es sich um den Mitgliedsb­eitrag der Kassen an die zentrale IT der Sozialvers­icherungen (wie Rechenzent­rum, IT-Sicherheit etc.). Hier geht es um 17,2 Millionen Euro. Hinzu kommen weitere Verbands- beiträge für das zentrale Elga-System (Elektronis­che Gesundheit­sakte) und für das zentrale E-CardSystem. Auch die Werbeausga­ben sowie der Aufwand für die Geschäftsf­ührung bei der IT der Sozialvers­icherungen fallen unter „Sonstiges“.

Die Anfragebea­ntwortung zeigt, dass diese verschleie­rten Verwaltung­sausgaben von 2011 bis 2017 um 30 Prozent gestiegen sind. Die Neos planen weitere Anfragen, um zusätzlich­en Verwaltung­sausgaben auf die Spur zu kommen. Die Neos vermuten, dass die Verwaltung­squote nicht bei 3,0 Prozent, sondern tatsächlic­h bei 4,7 Prozent liegt. „Uns geht es hier um Transparen­z“, sagt Loacker.

Die Krankenkas­sen versichern, dass sie sich bei ihren Jahresberi­chten an alle gesetzlich­en Vorgaben halten.

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