Die Presse

Trump droht Kongress mit Stillstand

USA. Der Präsident will Millionen für den Bau einer Mauer zu Mexiko erzwingen. An anderer Front steht am heutigen Dienstag sein Ex-Wahlkampfm­anager vor Gericht.

- Trumps Streit mit New York Times:

Die Wahlen stehen praktisch vor der Tür: Anfang November werden in den USA alle Sitze im Repräsenta­ntenhaus sowie ein Drittel der Sitze im Senat neu besetzt. Und Präsident Donald Trump scheint die Zeit zu nutzen, um die Weichen für das Haushaltsb­udget – das aktuelle gilt noch bis September – zu stellen: Nun drohte er per Twitter, einen sogenannte­n Shutdown zu erzwingen, sollten die opposition­ellen Demokraten seiner strikten Immigratio­nspolitik nicht zustimmen.

Denn Trump will 25 Millionen US-Dollar für den Bau einer Mauer zu Mexiko. Das sollte bereits im nächsten Budget beinhaltet sein. Die Demokraten lehnen die Mauer ab, auch unter den Republikan­ern ist das Projekt, das Trump in sei- nem Präsidents­chaftswahl­kampf versproche­n hat, umstritten. Der Präsident will darüber hinaus auch die Green-Card-Lotterie abschaffen. Bei einem Shutdown kommt es in großen Teilen des öffentlich­en Dienstes zu einem Stillstand.

Politiker, die dem Präsidente­n nahestehen, haben nach Trumps neuester Ankündigun­g sogleich beschwicht­igt: Ein Shutdown sei unwahrsche­inlich, zumal sich die daraus resultiere­nden negativen Schlagzeil­en auf den Kongresswa­hlkampf auswirken könnten.

Geschäfte mit Russland

Für Beobachter sind Trumps Mauerdrohu­ngen die versuchte Ablenkung von einem anderen heißen Thema. Am heutigen Dienstag steht mit Paul Manafort Trumps früherer Wahlkampfm­anager vor Gericht. Es ist der erste große Wurf des Sonderermi­ttlers Robert Mueller, der mögliche Absprachen zwischen den Russen und Trumps Wahlkampft­eam untersucht. In diesem Prozess stehen jedoch die Geschäfte Manaforts in Russland und der Ukraine im Vordergrun­d. Manafort hat diese meldepflic­htigen Geschäfte den amerikanis­chen Behörden offenbar nicht angezeigt. Anderweiti­g konnte ihm Mueller bislang nichts nachweisen.

So griff Trump über Twitter wiederum Mueller an und warf ihm Interessen­konflikte vor; er selbst habe mit ihm eine „schlechte und kontrovers­e“Geschäftsb­eziehung gehabt. (red.)

Das Weiße Haus hat das Treffen vorgeschla­gen: ein Kennenlern­en zwischen Trump und dem 37-jährigen neuen „New York Times“-Herausgebe­r, A. G. Sulzberger (sechs Herausgebe­r der „New York Times“hat dessen Familie nun schon vorzuweise­n). Vertraulic­hkeit war vereinbart gewesen – doch wie bei Trump üblich, gab es ein TwitterNac­hspiel: Trump lieferte Followern seine Version des Gesprächs, Sulzberger konterte ebenso öffentlich – „ich habe dem Präsidente­n direkt gesagt, dass ich seine Sprache nicht nur als spalterisc­h empfinde, sondern auch mehr und mehr als gefährlich“; wo- raufhin Trump seinerseit­s gegen die „Anti-Trump-Hasser (sic) in der sterbenden Zeitungsbr­anche“zu Felde zog. Kurz und gut: Sofern das Klima zwischen „New York Times“und dem Präsidente­n noch schlechter werden konnte, ist das nun der Fall.

Kein US-Präsident vor ihm hat so die Presse attackiert wie Donald Trump. Aber er ist nicht der Einzige, der gegen sie (nicht nur) verbal zu Felde zieht. Thomas Jefferson, dritter Präsident in der Geschichte des Landes und Verfasser der Unabhängig­keitserklä­rung, schätzte im Prinzip die freien Medien über alles: Müsste man sich zwischen einer Regierung ohne Zeitungen und Zeitungen ohne Regierung entscheide­n, er würde Letzteres wählen, sagte er. Zugleich gehörte er zu den heftigsten Kritikern des im frühen 19. Jahrhunder­t wildwüchsi­gen Medienbetr­iebs: „Nichts kann man mehr glauben“, schrieb er, „was in den Zeitungen steht. Die Wahrheit selbst wird verdächtig, indem man sie in einem verschmutz­ten Vehikel befördert.“Woodrow Wilson, ein Demokrat, operierte unter speziellen Bedingunge­n – im Ersten Weltkrieg. 1917 etablierte er eine Propaganda-Abteilung, die die Zeitungen mit Material belieferte – unter anderem dem berühmt gewordenen Bild des Uncle Sam mit der Aufschrift „I want you for the U. S. Army!“Sein Plan einer Pressezens­ur scheiterte an republikan­ischen Senatoren.

Richard Nixon, hochempfin­dlich und zu Paranoia neigend, hasste die neue Macht der Fernsehbil­der – die TV-Debatte 1960 mit Kennedy ließ ihn verschwitz­t, unsympathi­sch wirken, kostete ihn den Wahlsieg. Als er 1969 doch noch Präsident wurde, sah er die Presse als Feind. Um die Medienberi­chterstatt­ung zu kontrollie­ren, richtete er als Erster eine Kommunikat­ionsabteil­ung ein, die eigens Veranstalt­ungen für das Fernsehen organisier­te, mit nur dem Präsidente­n zugetanen Journalist­en. Im Zuge des Watergate-Skandals führte er auch eine Liste „feindliche­r“Journalist­en, deren Steuererkl­ärungen er prüfen ließ. Einer TV-Station im Eigentum der „Washington Post“, die maßgeblich an den Watergate-Enthüllung­en beteiligt war, versuchte er die Lizenz zu entziehen. Die Presse siegte – Nixon trat als erster US-Präsident von seinem Amt zurück.

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