Die Presse

Die Heuchelei um den Gender Pension Gap

Mit Parteipole­mik allein kann man die Pensionslü­cke nicht schließen.

- Josef.urschitz@diepresse.com

A m vergangene­n Samstag war, Sie werden es vielleicht bemerkt haben, Equal Pension Day. Dieser soll darauf hinweisen, dass die Pensionen der Frauen im Schnitt um 43 Prozent unter jenen der Männer liegen.

Das schreit natürlich nach Korrektur. Kein Wunder, dass die Meldung eine Reihe von politische­n Äußerungen auslöste. Die SPÖFrauenv­orsitzende Gabriele Heinisch-Hosek beispielsw­eise forderte die Regierung auf, aktiv zu werden und „ganz viele Schrauben zu drehen“, um diesen Missstand zu beenden.

Da hat sie im Prinzip recht. Allerdings: So viele Schrauben sind das gar nicht – und die SPÖ (unter deren Kanzlersch­aft diese Schrauben übrigens unbewegt blieben) könnte beim Drehen kräftig mithelfen, statt die wichtigste Schraube zu blockieren.

Die Hälfte des Gender Pension Gap hat ja einen simplen Grund: Die Höhe der Pension hängt nicht nur vom Durchschni­ttseinkomm­en im Durchrechn­ungszeitra­um ab, sondern auch von der Anzahl der Versicheru­ngsjahre. Frauen kommen im Schnitt auf zehn Versicheru­ngsjahre weniger, fünf davon wegen des früheren Pensionsan­tritts.

Wie stark sich diese zehn Jahre auswirken, zeigt ein Rechenexem­pel: Bei einer Bemessungs­grundlage von 2000 Euro beträgt die Pension nach 45 Versicheru­ngsjahren 1600 Euro, bei 35 Versicheru­ngsjahren nur 1246. Wem zehn Versicheru­ngsjahre fehlen, der bekommt also um 22,1 Prozent weniger. Damit ist schon mehr als die Hälfte der Pensionslü­cke erklärt. W ürden also die Parteifreu­nde der Frau Heinisch-Hosek ihren Widerstand gegen eine schnelle Angleichun­g des Frauenpens­ionsantrit­tsalters an das der Männer aufgeben, wäre schon mehr als ein Viertel der Lücke weg. Ein weiteres Viertel wäre erreichbar, würde man Frauen Berufskarr­ieren mit weniger Unterbrech­ungen und Teilzeit ermögliche­n. Etwa durch effiziente­re Kinderbetr­euungseinr­ichtungen. Da wäre wiederum die Regierung am Zug.

Aber eine solche Lösung wäre wohl zu einfach und zu ideologief­ern. Da nutzt man lieber einen fiktiven Equal Pension Day für Parteipole­mik.

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