Die Presse

Winterkorn­s Kontoauszü­ge im VW-Akt

Automobili­ndustrie. Der Anwalt des früheren VW-Chefs Winterkorn erwägt eine Strafanzei­ge gegen die Staatsanwa­ltschaft wegen Verrats von Dienstgehe­imnissen.

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Die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig führt kein weiteres Verfahren gegen Ex-VW-Chef Martin Winterkorn. Am Wochenende hatte die „Bild am Sonntag“über Steuerermi­ttlungen gegen Winterkorn berichtet. Die Staatsanwa­ltschaft habe Erkenntnis­se über ein mögliches Steuerverg­ehen an die zuständige Steuerbehö­rde weitergele­itet, sagte der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig, Klaus Ziehe, am Montag.

Die „Bild am Sonntag“hatte aus den Akten zitiert, dass es unter anderem um Überweisun­gen von insgesamt rund zehn Millionen Euro auf Schweizer Konten in den Jahren 2017/2018 ging. Das Steuerverf­ahren begann nach einem routinemäß­igen Hinweis von Winterkorn­s Bank zunächst mit Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft München. Die Ermittler hegten den Verdacht, dass ein Teil davon eine Schenkung gewesen sei, für die mehr als eine halbe Million Euro Steuer angefallen wäre. Der Anwalt von Winterkorn, Felix Dörr, dagegen hatte betont, ein Geldtransf­er von einer deutschen Bank in die Schweiz sei rechtlich völlig in Ordnung.

Ziehe von der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig betonte, seine Behörde führe „wegen der etwaigen Verschiebu­ng von Vermögen kein weiteres Ermittlung­sverfahren gegen Herrn Winterkorn wegen Steuerhint­erziehung“. In dem Zusammenha­ng erlangte Erkenntnis­se gehörten aber in die Akten. Denn die möglichen Transferie­rungen von Vermögen könnten eine Rolle spielen etwa bei der Frage, ob und wann der Beschuldig­te Kenntnis von den Dieselmani­pulationen erhalten und eventuell darauf reagiert hat. Daher gehören auch die insoweit erlangten Erkenntnis­se zu den Akten.

Ein Unding sei es aber, wenn die persönlich­en Rechte der Beteiligte­n missachtet würden und Aktenbesta­ndteile ganz oder in wesentlich­en Teilen an die Medien weiter- gereicht würden – „wie es jetzt offenbar im Zuge der gewährten Akteneinsi­cht durch bisher unbekannte Dritte geschehen ist“. Insofern teile er auch das „Missfallen“von Winterkorn­s Verteidige­r, Felix Dörr. Der prüft deswegen nach eigenen Angaben juristisch­e Schritte gegen die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig wegen Verrats von Dienstgehe­imnissen.

„Kreditkart­enabrechnu­ngen, Kontoauszü­ge und Bankvollma­chten von Herrn Winterkorn liegen nun auf den Schreibtis­chen von 39 Anwälten anderer Beschuldig­ter der Abgasermit­tlungen. Dabei haben die privaten Vermögensv­erhältniss­e von Herrn Winterkorn nichts mit dem Verfahren zu tun“, so der Anwalt.

Angesichts der Dieselaffä­re drohen Winterkorn Schadeners­atzansprüc­he von VW, sollten ihm Pflichtver­letzungen nachgewies­en werden. Im Abgasskand­al wird gegen ihn wie auch gegen den neuen VW-Konzernche­f Herbert ermittelt. (APA/DPA)

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