Schicksalstage für Simbabwe
Präsidentenwahl. Nach der Abstimmung zeigten sich sowohl Präsident Mnangagwa als auch sein Herausforderer Chamisa siegesgewiss. Die Rhetorik auf beiden Seiten schaukelt sich auf.
Dicht an dicht hatten sich die Journalisten schon positioniert, die Objektive der Kameras auf den langen weißen Tisch vor der Flagge Simbabwes gerichtet. Von dort aus wollte die Wahlkommission in Harare am Dienstag die ersten Ergebnisse der Schicksalswahl des südafrikanischen Landes verkünden. Doch der Termin um 15 Uhr verstrich, ohne dass sich Priscilla Chigumba, die Kommissionsvorsitzende, der Öffentlichkeit zeigte. Und mit jeder halben Stunde, in der sich die Erklärung weiter verschob, stieg die Anspannung – bei der Regierung wie bei der Opposition. Schließlich hatten beide Seiten im Verlauf des Tages keinen Zweifel daran gelassen, sich als Sieger der Wahl von Montag zu sehen.
Achteinhalb Monate nach dem Sturz des Langzeit-Diktators Robert Mugabe, der das Land bis an den Rand des Ruins heruntergewirtschaftet hat, steht für Simbabwe in diesen Tagen alles auf dem Spiel. Nicht wenige Simbabwer fühlten sich angesichts des knappen Rennen zwischen Mugabes Nachfolger Emmerson Mnangagwa von der Dauer-Regierungspartei Zanu-PF und seinem Herausforderer Nelson Chamisa vom Oppositionsbündnis MDC an die Präsidentenwahl von 2008 erinnert, die nach einem Patt in blutigen Unruhen gemündet hatte. Zwar verlautete aus Kreisen der Wahlbeobachter, dass der Urnengang ohne größere Regelwidrigkeiten verlaufen sei. Auch war es am Montag weitgehend friedlich geblieben. Die Beteiligung der rund 5,6 Millionen Wahlberechtigten bezifferte die Wahlkommission auf hohe 75 Prozent.
Aber es dauerte nicht lange, bis erste Vorwürfe laut wurden. Tendai Biti, langjähriger MDC-Oppositionspolitiker und früherer Finanzminister in einer Einheitsregierung unter Mugabe nach der blutigen Wahl 2008, beschuldigte die Wahlkommission, gut ein Fünftel der Ergebnisse nicht, wie gesetzlich vorgesehen, an den Wahllokalen ausgehängt zu haben. Er kündigte an, gerichtlich dagegen vorzugehen.
Oppositionsführer Chamisa hatte Stunden davor einen „haushohen“Sieg für sich reklamiert – mit dem Hinweis, seiner Bewegung lägen die Resultate aus „der Mehrheit der mehr als 10.000 Wahllokale vor“. Der MDC erklärte schließlich am Nachmittag, die Sicherheitsmaßnahmen sowohl für Chamisa als auch Biti erhöht zu haben, weil es Hinweise auf einen geplanten Mordanschlag aus Zanu-PF-Kreisen gegen die zwei Politiker gebe.
Doch auch Regimekandidat Mnangagwa – langjähriger Weggefährte Mugabes und ewige Nummer Zwei, der sich bei der Wahl nun als Neuanfang zu verkaufen versuchte – ließ es sich nicht nehmen, in der Öffentlichkeit Stimmung zu seinen Gunsten zu machen. Er habe „extrem positive“Informationen zu der Wahl erhalten, erklärte er Dienstag siegesgewiss.
In dieser angespannten Lage gab die Wahlkommission schließlich bekannt, keine ersten Ergebnisse der Präsidentenwahl bekannt geben zu wollen. Die Resultate würden erst veröffentlicht, wenn alle Daten aus allen Wahllokalen
haben am Montag Präsidenten-, Parlaments- und Kommunalwahlen stattgefunden. Es war die erste Abstimmung nach dem Sturz von Langzeit-Diktator Robert Mugabe im November. Entscheidend ist der Ausgang der Präsidentenwahl, die zwischen Amtsinhaber Emmerson Mnangagwa und Oppositionsführer Nelson Chamisa geschlagen wird. Das Resultat steht noch aus. Beide Seiten sehen sich als Sieger. dazu vorlägen, sagte Kommissionschefin Priscilla Chiguma, als sie sich schließlich mit fast zweistündiger Verspätung doch noch an die Öffentlichkeit wandte. Stattdessen verlas sie erste Ergebnisse der Kommunalwahl, die, wie die Parlamentswahl auch, gleichzeitig stattgefunden hatte.
Die Wahlkommission hat theoretisch bis zum kommenden Samstag (4. August) Zeit, um die Ergebnisse zu verkünden. Bis es soweit ist, bleibt die Zukunft des Landes ungewiss. Vor allem die große junge Bevölkerung, die bisher ohne Perspektive ist, und die Bewohner der Städte hoffen auf den 40-jährigen Anwalt und Pastor Chamisa, der über wenig politische Erfahrung verfügt. Sein Sieg würde die Herrschaft jener eingesessenen Elite beenden, die das Land seit der Unabhängigkeit regiert hat.
Mnangagwa, der auch das „Krokodil“genannt, hat seine Basis dagegen in den ländlichen Gegenden, vor allem im Nordosten des Landes. Doch nicht wenige fürchten, dass er, seine Partei Zanu-PF und auch Teile des Militärs eine Niederlage womöglich nicht akzeptieren würden. (raa)