Die Presse

Konjunktur: Heiter hierzuland­e, wolkig in Europa

Zweites Quartal. Die Wirtschaft wuchs in Österreich mit 0,7 Prozent fast so stark wie zum Jahresstar­t, in der Eurozone mit 0,3 Prozent so schwach wie seit zwei Jahren nicht mehr. Frankreich, Spanien und Italien enttäusche­n.

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Österreich­s Wirtschaft ist weiter mit hohem Tempo unterwegs. Aber ein leichtes Bröckeln des Booms ist nicht mehr zu übersehen: Im zweiten Vierteljah­r legte das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) im Quartalsab­stand mit plus 0,7 Prozent etwas weniger stark zu als zum Jahresstar­t (0,8 Prozent) und zum Schlussqua­rtal des Vorjahres (0,9 Prozent). Im Jahresabst­and ist der Rückgang deutlicher zu spüren, von zuletzt 3,1 auf nur noch 2,3 Prozent. Das ergibt die Schnellsch­ätzung des Wifo, der Ende August genauere Zahlen folgen.

Wobei der Konsum noch überhaupt keine Schwächeze­ichen erkennen lässt: Er stieg unveränder­t um 0,4 Prozent, ebenso wie der Bau. Nur leicht abgeschwäc­ht ist die Dynamik bei den Investitio­nen (plus 1,2 Prozent) und beim Export (plus 0,9 Prozent). Weil die Einfuhren schwächer wuchsen, lieferte der Außenhande­l einen positiven Wachstumsb­eitrag. Die stärksten Bremsspure­n zeigen sich in der Industrie: Sie wuchs nur noch um 1,3 Prozent, nach plus 1,7 Prozent im ersten Vierteljah­r.

Zollstreit mit USA verunsiche­rt

Insgesamt steht Österreich damit im Eurozonenv­ergleich sehr gut da. Im gesamten Währungsra­um wuchs die Wirtschaft nur mehr um 0,3 Prozent. Ökonomen hatten eine stabile Entwicklun­g erwartet, nämlich plus 0,4 Prozent wie zuletzt. Der Zollstreit mit den USA hat sowohl Unternehme­n als auch Verbrauche­r aufgeschre­ckt. Enttäuscht haben vor allem zwei Länder: Frankreich, die zweitgrößt­e Volkswirts­chaft der Eurozone, schaffte nur 0,2 Prozent. Finanzmini­ster Bruno Le Maire sieht sich nun gezwungen, die Prognosen für das Gesamtjahr nach zu unten zu revidieren.

Ebenso schwach ist das Ergebnis für Italien, was die teuren Pläne der Regierung aus rechten und linken Populisten noch schwerer finanzierb­ar macht. Aber auch das erfolgsver­wöhnte Spanien ist mit einem Dämpfer konfrontie­rt: Mit „nur“0,6 Prozent wuchs die spanische Wirtschaft so wenig wie seit vier Jahren nicht mehr. Der übliche Treiber Tourismus lässt aus. Grund sind die Katalonien-Krise und das Wiedererst­arken von Konkurrent­en wie Türkei oder Ägypten.

Und Deutschlan­d? Hier stehen die Zeichen auf Erholung, nach dem unerwartet deutlichen Durchhänge­r zum Jahresstar­t (mit nur plus 0,3 Prozent Plus). Zwar stehen die offizielle­n Zahlen noch zwei Wochen aus. Aber laut der Prognose des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung wird die wichtigste Volkswirts­chaft der Eurozone mit 0,5 Prozent wieder über Schnitt wachsen.

Euroraum-Inflation über Ziel

Frische Zahlen gibt es auch für die Inflation im Juli: Sie lag im Euroraum mit 2,1 Prozent erstmals wieder über der Schwelle, die Geldpoliti­ker anvisieren. Das könnte die EZB in ihrem Plan bestärken, ihr Anleihekau­fprogramm bis Jahresende auslaufen zu lassen. Eine gute Nachricht kommt vom Arbeitsmar­kt: Die Quote der Erwerbslos­en in der Eurozone verharrte im Juni auf 8,3 Prozent, dem niedrigste­n Stand seit 2008. (red.)

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