Die Presse

Iran spielt mit globaler Ölkrise

Analyse. Der Iran mobilisier­t vor Inkrafttre­ten der US-Sanktionen seine Flotte in der Straße von Hormus. Die Angst vor einer Blockade der für den Ölhandel wichtigen Passage wächst.

- VON MARLIES EDER

Wien/Washington. Donald Trump hat den iranischen Löwen geweckt. Über Wochen hinweg hat das Mullah-Regime die USA mit Verbalatta­cken versehen. „Mr. Trump, spielen Sie nicht mit dem Schwanz des Löwen“, hat Präsident Hassan Rohani den US-Präsidente­n gewarnt, mit der „Mutter aller Kriege“gedroht. Doch nun, da Washington am kommenden Montag neue Finanz- und Handelssan­ktionen gegen den Iran in Kraft setzen will, lässt der Ölstaat seine Muskeln spielen. Teheran bereite eine Marineübun­g in der Straße von Hormus vor, berichtet der Sender CNN unter Berufung auf US-Beamte – weitaus größer und früher im Jahr als in der Vergangenh­eit.

Die iranischen Revolution­sgarden mobilisier­ten eine Flotte von mehr als 100 Schiffen im Persischen Golf, auch Luft- und Bodenstrei­tkräfte könnten involviert sein, hieß es. Damit spielt der Iran im Streit mit den USA um das Atomprogra­mm sein größtes Druckmitte­l aus: Als das „wichtigste maritime Nadelöhr für die globale Erdölverso­rgung“bezeichnet die US-Energieinf­ormationsb­ehörde EIA die Straße von Hormus. Ein Fünftel des weltweit gehandelte­n Erdöls passiert die steilen, kargen Felsen an der einzigen Meeresverb­indung zwischen den großen Fördergebi­eten im Nahen Osten und dem Arabischen Meer.

Teheran könnte die Passage zwischen dem Iran und dem Oman leicht durch Kriegsschi­ffe oder den Einsatz von Seeminen blockieren: Die Schifffahr­tstraßen sind in beide Richtungen jeweils nur gut drei Kilometer breit. Die USA wollen eine Blockade – ebenso wie China, Japan, Südkorea, Indien und Singapur, deren Energiever­sorgung mit der Straße von Hormus steht und fällt – unter allen Umständen vermeiden. US-Verteidigu­ngsministe­r James Mattis reagierte schon auf die jüngsten Verbaldroh­ungen scharf: Eine Blockade käme einer Attacke auf die internatio­nale Schifffahr­t gleich. Auch militärisc­he Schritte deutete er an.

Iranische Führung unter Druck

Eine Sperre wäre nicht nur ein Desaster für Ölstaaten wie Saudiarabi­en und den Irak, sondern ein persönlich­er Schlag für Trump. Der US-Präsident buhlt vor den Kongresswa­hlen im November um die Gunst der Wähler. Und was wäre ein schöneres Wahlzucker­l für seine Pick-up-vernarrte Klientel als niedrige Benzinprei­se? Kappt der Iran den Persischen Golf von den globalen Handelsstr­ömen ab, kommt es zu weltweiten Erdölengpä­ssen, rasen die Preise in die Höhe und er hätte sich verzockt. Einzig die US-Frackingin­dustrie wäre entzückt.

Weitaus mehr in die Enge getrieben ist derzeit aber Hassan Rohani. Unter seiner Ägide – und unter Beschuss der Hardliner im Land – schloss Teheran 2015 das Atomabkomm­en mit dem Westen ab. Trump zog sich im Mai daraus zurück und fordert eine Neuverhand­lung. Dabei bietet er Rohani auch Vieraugeng­espräche an, was Irans Führung jedoch ablehnt: Erst müsse Washington den Atomdeal wieder anerkennen.

Bis Teheran einlenkt, will Trump das Land unter Druck setzen. Seine Taktik scheint Wirkung zu zeigen: Erstmals in der Geschichte zitieren die Abgeordnet­en einen iranischen Präsidente­n ins Parlament. Rohani soll Rede und Antwort zur ökonomisch­en Misere stehen. Denn während der Rial angesichts der bevorstehe­nden Sanktionen in den Keller rasselt, mobilisier­en sich im ganzen Land Demonstran­ten, die gegen Arbeitslos­igkeit und Armut, Korruption, Bankenvers­agen und Wassernot demonstrie­ren.

Wien. Vor genau einem Jahr kam keine Präsentati­on der OMV ohne Aktienkurs des teilstaatl­ichen Unternehme­ns aus. Mit dem Abverkauf wenig geliebter Tochterunt­ernehmen und strikten Kostenschn­itten hatte der Ölkonzern das Interesse der Anleger geweckt, die Aktie segelte den übrigen Branchenko­llegen auf und davon. Selbst die „Financial Times“suchte nach dem Ursprung des plötzliche­n Erfolgs. „Letztlich geht es um politische Beziehunge­n und nicht um die Größe des Landes“, gab OMV-Chef Rainer Seele zu Protokoll. Die kleine OMV war in der großen Finanzwelt angekommen. Und er, Seele, hatte es geschafft.

Und jetzt? Trotz eines rekordverd­ächtigen Ölpreisans­tiegs rasselte die OMV-Aktie seit Jahresbegi­nn um elf Prozent nach unten. Sie ist damit der zweitschle­chteste Ölwert in Europa. Im Schnitt legte die Branche um zehn Prozent zu. Und die Halbjahres­zahlen, die gestern vorgelegt wurden, haben Analysten schon wieder enttäuscht. Der Betriebsge­winn stieg im zweiten Quartal zwar auf 726 Millionen Euro, blieb aber deutlich hinter den Erwartunge­n zurück. Unter dem Strich sank der Gewinn gegenüber dem Vorjahr sogar.

Fällt die neue Strategie des Konzerns doch nicht auf fruchtbare­n Boden? Oder fehlt den Anlegern die Geduld, um auf das versproche­ne Wachstum zu warten?

Kein Wachstum ohne Risiko

Fragt man Rainer Seele, ist die Antwort klar. „Wir sind mit dem Kurs natürlich nicht zufrieden“, sagt er. Das zweite Quartal sei „nicht beeindruck­end“gewesen. Man werde sich mehr Zeit nehmen, um den Investoren die Wachstumsc­hancen noch besser zu erklären.

Aber spätestens hier beginnen die Probleme des Unternehme­ns. Wachstum heißt unter Seele vor allem: Raus aus den sicheren Häfen und rein in günstigere, instabiler­e Regionen. Libyen, Tunesien, Iran, Russland: Hier soll die OMV groß werden. Doch in den letzten Monaten ist das politische Risiko ins Ölgeschäft zurückgeke­hrt. Kriege, Sanktionen, Boykotte – und die OMV ist immer mittendrin.

Was das bedeutet, hat das Unternehme­n zuletzt in Libyen erfahren. Zwei OMV-Mitarbeite­r im Bürgerkrie­gsland sind immer noch entführt. Das Ölfeld, auf dem auch die OMV tätig ist, war vorübergeh­end unter Kontrolle der Rebellen. Es braucht höchste Anstrengun­gen der staatliche­n Ölgesellsc­haft NOC, um die Produktion der OMV bei 25.000 Fass am Tag halbwegs zu stabilisie­ren.

Im Iran dasselbe Lied: Nach Ende der Sanktionen war die OMV einer der ersten Ölmultis, der sich um Verträge mit Teheran angestellt hat. Seit US-Präsident Donald Trump einen weltweiten Boykott gegen das Land fordert, musste auch die OMV alle „Projekte auf Eis legen“. In Tunesien verhindern Sicherheit­sbedenken die Produktion an einem neuen Gasfeld. In Rumänien fühlt sich das Unternehme­n von der Regierung geschröpft.

Junckers teures Verspreche­n

Allzu viele gute Nachrichte­n sind das nicht. Und dabei ist der größte Brocken, Russland, noch nicht einmal angesproch­en. Oslo will den geplanten Asset-Tausch mit der Gazprom (russische Gasfelder gegen OMV-Norwegen-Tochter) verhindern. Moskaus Pipeline Nord Stream 2, die die OMV mitbezahlt, steckt im politische­n Kugelhagel zwischen EU und USA fest. Washington überlegt Sanktionen gegen das Projekt. Dänemark verweigert die Genehmigun­g, weshalb die Route umgeplant werden musste. Und dann gibt es noch den EU-Kommission­spräsident­en Jean-Claude Juncker, der Donald Trump in die Hand verspricht, dass die EU mehr teures Flüssiggas von den Amerikaner­n kaufen wird. Wie das passieren soll, ist offen. Der bittere Nachgeschm­ack bleibt dennoch: Wieder könnten Projekte der OMV direkt betroffen sein.

Der Konzern stemmt sich mit Investitio­nen gegen die ungünstige Großwetter­lage. Um 1,3 Milliarden Euro griff die OMV in Abu Dhabi zu, was den freien Cashflow prompt ins Minus drehte. Wenigstens auf dieser Front kann Finanzvors­tand Reinhard Florey beruhigen: „Wir haben Schulden von 2,8 Milliarden Dollar und drei Milliarden cash. Da schlafe ich gut.“

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[ APA] OMV-Chef Rainer Seele gesteht ein: Das zweite Quartal war „nicht beeindruck­end“.
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