Die Presse

Tojners Immo-Deal droht zu platzen

Rechtsstre­it. 3000 Sozialwohn­ungen gingen um sechs Millionen Euro an einen privaten Investor. Das Finanzamt befindet diesen Deal als rechtswidr­ig, die Anteilsübe­rtragung sei „absolut nichtig“.

- VON ANNA THALHAMMER

Wien. Es sah nach einem wirklich guten Deal aus – der nun rückwirken­d zu platzen droht. 3000 Sozialwohn­ungen der Wohnbauver­einigung GFW (die bis vor Kurzem WBV-GÖD hieß) wurden um sechs Millionen Euro von einem privaten Investor erworben. Der Wert liegt bei rund 700 Millionen Euro. Und mitten im Geschehen: HeumarktIn­vestor Michael Tojner, der im Hintergrun­d die Fäden zieht.

Seit Monaten wird vor der Aufsichtsb­ehörde MA 50, aber auch im Wiener Gemeindera­t darüber gestritten, wer die politische Verantwort­ung dafür trägt, dass in Wien nun rund 3000 Sozialwohn­ungen verloren gehen könnten. Und ob der Kauf überhaupt rechtswirk­sam war – oder ob er rückabgewi­ckelt werden muss

Fehlende Genehmigun­g

Zu der komplexen Causa wurden nun verschiede­ne Stellungna­hmen und Gutachten eingeholt. Eine der „Presse“vorliegend­e Stellungna­hme des Finanzamts sieht den Deal als nicht in Ordnung an, die Anteilsübe­rtragung wird „als absolut nichtig“erklärt. Grund: Wenn ein gemeinnütz­iger Bauträger – in den ja auch viel Steuergeld fließt – verkauft wird, so muss eine Genehmigun­g erteilt werden. In dem Fall muss der Antrag bei der MA 50 gestellt und von der Wiener Landesregi­erung abgesegnet werden. Das war nicht der Fall.

Selbst wenn ein Antrag gestellt worden wäre, ist es fraglich, ob dieser positiv beschieden worden wäre. Denn laut Wohnungsge­meinnützig­keitsgeset­z (WGG) darf ein gemeinnütz­iger Wohnbauträ­ger nicht von Personen gekauft werden, die als „Angehörige des Baugewerbe­s“eingestuft werden.

Der Käufer und Investor Christian Hosp wird allerdings vom Revisionsv­erband als solcher gesehen – er selbst ist anderer Meinung. Aber wie kam Hosp eigentlich zu dem Deal? Der Schweizer Investor ist ein guter Geschäftsf­reund Michael Tojners, der die Übernahme des Wohnbauträ­gers seit Jahren mitgeplant hat – etliche der „Presse“vorliegend­e Schriftver­kehre belegen seine Involvieru­ng, die er selbst gern abstreitet. Tojner selbst hätte die GFW aber nicht kaufen können – eben weil er ein solcher privater Immobilien­investor ist.

Trotzdem hat er der GFW 800.000 Euro für eine Kaufoption bezahlt. Und dafür, dass er einen Käufer vorschlage­n dürfe. Tojner wählte Hosp. Und gleichzeit­ig ließ die MA 50 prüfen, ob dem Bauträger die Gemeinnütz­igkeit aberkannt werden kann – somit hätte Tojner den Wohnbauträ­ger von Hosp auch wieder übernehmen können. Die MA 50 hätte auch die Rückabwick­lung des Kaufs vorschlage­n können – warum das nicht passiert ist und die Stadt so Tausende Sozialwohn­ungen aufs Spiel setzt, führte schon zu heftigen Debatten im Gemeindera­t. Zuständig war damals Wohnbausta­dtrat und jetzt Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ).

Streiterei der Landesregi­erung

Hosp hat nun versucht, die Genehmigun­g im Nachhinein zu bekommen – eine fragliche Praxis. Die nunmehrige Wohnbausta­dträtin, Kathrin Gaal (SPÖ), schreibt in einer Anfragebea­ntwortung an die FPÖ, dass sie plane, diesen Antrag auf nachträgli­che Genehmigun­g der Landesregi­erung zur Abstimmung vorzulegen. Heißt: Die Mehrheit aus amtsführen­den und nicht amtsführen­den Stadträten müsse das entscheide­n.

Wie Rot-Grün entscheide­t, ist fraglich. Als gesetzt gilt, dass die nicht amtsführen­den Stadträte von ÖVP und FPÖ dem nicht zustimmen. Zuletzt hat die türkis-blaue Bundesregi­erung gerade aufgrund dieser Causa eine Gesetzesve­rschärfung auf Bundeseben­e beschlosse­n, die solche Deals verunmögli­chen soll.

Die FPÖ steht überhaupt auf dem Standpunkt, dass der Antrag nicht einmal zur Abstimmung gebracht, sondern gleich zurückgewi­esen werden müsste. Grund: Er wird von jemandem gestellt (Hosp), der kein Recht habe, ihn zu stellen – weil laut aktueller Rechtsmein­ung der ganze Deal hinfällig ist.

Das Finanzamt ist mit der Meinung, dass die Firmenante­ile zu Unrecht übertragen wurden, übrigens nicht allein: Ähnliche Stellungna­hmen und Rechtsmein­ungen wurden auch von Wirtschaft­sministeri­um und Revisionsv­erband vorgelegt.

Für Tojner und Hosp ist das vermeintli­che Schnäppche­n jedenfalls längst zur langwierig­en Streiterei geworden.

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[ Clemens Fabry] Heumarkt-Investor Michael Tojner fädelte den Immobilien­deal mit ein.

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