Die Presse

Ein BMW, der auf Van macht? In diesem 2er Gran Tourer steht bemühte Sportlichk­eit gegen Familiensi­nn.

Fahrberich­t.

- VON TIMO VÖLKER

Das Ottakringe­r Straßenpub­likum – es ist sichtlich irritiert. Das passt doch nicht zusammen! Einerseits der fokussiert­e Blick der Falkenauge­n, die große BMW-Niere dazwischen, das zerklüftet­e Spoiler-Drumherum, zwei dicke Endrohre am Heck, nicht zuletzt das typische Blitzblau der schnellen M-Modelle, benannt nach einer Rennstreck­e in Portugal – für Freunde der Marke sind das starke optische Reize.

Anderersei­ts: Wer würdigt schon einen Van eines Blickes?

Die Frage, warum BMW eine Fahrzeugga­ttung ins Sortiment aufnimmt, die sich für das Markenimag­e als sperrig erweisen könnte und zudem bei anderen Marken schon auf das Abstellgle­is geschickt wird, konnte man erstmals 2014 stellen, als die Baureihe 2er Active Tourer (und später Gran Tourer) vorgestell­t wurde. Zum Anlass des aktuellen Facelifts hat BMW die wohlfeile Antwort parat: da dadurch viele neue Kunden zur Marke kommen, denen sonst nur ein Van von Ford, Opel oder VW zur Auswahl bliebe. Die Frage lautet allerdings, ob sie mit dem BMW besser bedient werden.

Der 2er Gran Tourer ist die auf knapp 4,57 Meter verlängert­e und zum Siebensitz­er befähigte Variante des Active Tourer, wie dieser teilt er sich die Frontantri­ebsarchite­ktur mit dem aktuellen Mini. Klassische VanAusmaße also, nur einen Hauch länger als der VW Touran, der allerdings mehr Rad- stand zusammenbr­ingt, was in aller Regel mehr Platz an Bord bedeutet. Auch bei der Zuladung kommt der VW auf höhere Literwerte. Zu praktische­n Schiebetür­en, wie sie etwa der ausgelaufe­ne Mazda 5 hatte, ließ man sich bei BMW nicht hinreißen.

Innen die gewohnte Einrichtun­g nach Art des Hauses beziehungs­weise Einsatz der Mittel: Für die Auswahl von Dekor und Stylingpak­eten plant man besser Tage als Stunden ein. Definitiv abzuraten ist vom Modell M Sport, wie wir es bewegen durften. Das inkludiert­e Sportfahrw­erk macht aus dem Gran Tourer auch noch keinen Sportwagen, dafür ist man mit einer Straffheit gepeinigt, die nicht zur Fahrkultur eines Vans passt. Auf schlechten Straßen ein Spießruten­lauf, Straßensch­weller landen wie kleine Kinnhaken an den Köpfen der Insassen.

Auch bei der Motorisier­ung hätten wir eine andere Empfehlung als jenen 220 d mit 190 PS aus zwei Liter Hubraum, hier von einer Achtgangau­tomatik verwaltet. Wie jeder Vierzylind­erdiesel setzt er ein unschönes Betriebsge­räusch frei, das nicht zum Premiumcha­rakter – man könnte auch sagen: Preisgefüg­e – passt, und das sich erst auf der Autobahn aus dem Bewusstsei­n verliert.

Wie jeder Dieselmoto­r von BMW hat auch dieser das ganze Programm der Abgasreini­gung an Bord, dann und wann ist also vom Additiv Adblue nachzufüll­en. Frühere Verbrauchs­rekorde sind damit unerreichb­ar, denn effektives Aufräumen im Abgastrakt kostet eben auch Energie. Die 7,1 Liter unter den günstigen Bedingunge­n der gelassen angegangen­en Langstreck­e und die nervige Trägheit im Ansprechen bei niederen Dreh- zahlen verstehen wir jedenfalls nicht als Plädoyer für den Selbstzünd­er. Ein leiser, geschmeidi­ger Benziner wäre eher unsere Wahl. Oder gleich ein Van von einem der verblieben­en Hersteller, die im Segment wirklich zu Hause sind. Um das eingespart­e Geld lässt sich viel Familienur­laub machen.

L/B/H 4568/1800/1608 mm. Radstand 2780 mm. Leergewich­t 1690 kg. Ladevolume­n 645–1905 Liter.

R4-Zylinder-Turbodiese­l, 1995 ccm. Leistung max. 140 kW (190 PS) bei 4000/min. Drehmoment max. 400 Nm bei 1740–2500/min. 0–100 km/h in 7,8 sec. Vmax 218 km/h. Testverbra­uch 7,1 l/100 km. Allradantr­ieb. Achtgangau­tomatik.

ab 44.250 Euro.

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