Der Tourer als Supertrumpf
Motorrad. Wenn die Ausfahrt zur Flugstunde wird: Festhalten auf Kawasakis Kompressorrakete im Tourentrimm.
Mit lautem Zündungsknall und dem Durchzug einer Elefantenherde sorgte die Kawasaki H2 im Jahr 2015 für Furore: das einzige Serienmotorrad mit Kompressormotor!
Geht locker 300 km/h, schüttelt über 200 PS aus dem Ärmel – verrückt! Kawasaki hat nun nachgelegt und die Kompressorserie um einen Supersporttourer namens H2 SX erweitert. Wir sind mit dem Gerät zwischen Rax und Schneeberg ausgeflogen.
Ein Blick auf die technischen Daten treibt uns Freudentränen in die Augen. Angetrieben wird die H2 SX von einem 1000-Kubik-Reihenvierzylinder mit 200 PS, dessen maximales Drehmoment bei 137 Nm liegt. Die Kawa reißt entsprechend an. Wer die Rakete abfeuert, muss mit Schwielen auf den Händen und dem Bedarf nach neuen Handschuhen rechnen. Das verheißungsvolle Pfeifen des Kompressors dringt ab dem mittleren Drehzahlbereich ins Ohr und induziert einen euphorischen Gemütszustand. Aber auch unverdächtiges Cruisen ist mit der H2 SX möglich. Die Touring-Übersetzung und der auf Laufruhe getrimmte Motor gestatten ein gesittetes Fortbewegen im Rahmen der StVO. Der Verbrauch ist für ein Motorrad einer solchen Leistungsstärke auffallend niedrig. Bei 19 Litern Tankinhalt ist demnach eine reisetaugliche Reichweite sichergestellt. Am meisten verwundert ha- ben uns jedoch die enorme Agilität des Flaggschiffs sowie die phänomenale Präzision des Fahrwerks. Trotz der 256 kg, die die H2 SX fahrfertig wiegt, haben wir uns extrem sportlich durch das teils sehr enge Kurvengeschlängel gepfeilt. Auf der Autobahn wird man allenfalls durch die Sorge um den Führerschein ausgebremst, sonst ist man kaum bezwingbar. An der Sitzposition gibt es nichts zu bemängeln, relativ aufrecht lässt sich eine entspannte Haltung auf der Maschine einnehmen. Ein Quickshifter zum Raufschalten sowie ein Tempomat versüßen das Reiseerlebnis.
Im Cockpit herrscht Überfluss an Informationen, vom Schräglagenmesser bis zum Tempomat ist alles im Blick. Das Design des Bikes erinnert an einen Kampfjet. Schnittige Formen und eine breite aerodynamische Front lassen die Kraft der H2 SX erahnen. Fast hypnotisierend wirken die LED-Scheinwerfer an der Front – hier setzt Kawasaki Maßstäbe. Als Kritikpunkt wäre anzuführen, dass das Bein Motorhitze abkriegt, wenn man mit Jeans fährt – was man eh nicht tun soll. Gegen Aufpreis gibt es strömungsgünstig sich anschmiegende Reisekoffer dazu. Geräumig und im Handumdrehen ab- bzw. anmontiert, steht der Erkundung der Ferne nichts im Wege, der Preis steht bei 23.499 Euro. (grund)