Die Presse

Streit um geplante Kürzung des AMS-Budgets

Arbeitsmar­kt. Das Arbeitsmar­ktservice kalkuliert für 2019 mit weniger Budget. Noch ist nicht bekannt, wie stark die Regierung die Mittel kürzt. Die Empörung ist prophylakt­isch groß. Es geht um den Wert aktiver Arbeitsmar­ktpolitik.

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Wien. Die Rechnung scheint logisch. Die Zahl der Arbeitslos­en geht kontinuier­lich zurück, im August sank sie im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent, also braucht das Arbeitsmar­ktservice (AMS) auch weniger Geld. Vor dieser Milchmädch­enrechnung fürchtet man sich im AMS. Laut internen Berechnung­en – die der „Standard“veröffentl­icht hat – könnte es im nächsten Jahr nur noch 1,05 Milliarden Euro geben. Heuer stehen dem AMS 1,4 Milliarden zur Verfügung. Das Budget wird vom AMS-Verwaltung­srat beschlosse­n, in dem neben den Sozialpart­nern auch Vertreter des Sozial- und Finanzmini­steriums sitzen. De facto entscheide­t das Sozialmini­sterium über die finanziel- le Ausstattun­g des AMS. Denn sollte es tatsächlic­h derart massive Kürzungen geben, will das AMS auf seine Rücklagen zurückgrei­fen. Etwa 400 Mio. Euro liegen also auf der hohen Kante. Doch um diese anzapfen zu dürfen, braucht es das Okay von Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ).

Strukturel­le Arbeitslos­igkeit

Während sich Sozial- und Finanzmini­sterium nicht an der Diskussion beteiligen, weil das AMS-Budget offiziell erst im Herbst verhandelt wird, gehen andernorts die Wogen hoch. „Diese Bundesregi­erung spart bei den Menschen und nicht im System“, sagt etwa SPÖSozials­precher Josef Muchitsch. „Die Presse“sprach mit IHS-Ar- beitsmarkt­experten Helmut Hofer. Der liberale Ökonom warnt davor, die sinkende Arbeitslos­igkeit eins zu eins auf das AMS-Budget umzumünzen. Denn obwohl die Arbeitslos­igkeit sinkt, sei sie für österreich­ische Verhältnis­se noch immer sehr hoch. Zuletzt gab es 340.000 arbeitslos­e Personen oder Schulungst­eilnehmer.

In Österreich sei eben die strukturel­le Arbeitslos­igkeit sehr hoch. „Und deshalb ist aktive Arbeitsmar­ktpolitik sinnvoll“, betont Hofer. Es sei erwiesen, dass eine bessere Betreuung auch fruchtet. Statt etwa AMS-Personal abzubauen, könne man auch die Betreuung intensivie­ren.

Die aktuelle Diskussion, aus welchen Töpfen (Budget oder Rücklagen) sich das AMS finanziert, hält der Ökonom allerdings für müßig. Es gehe darum, wie effektiv die Mittel eingesetzt werden. Und er habe in der Vergangenh­eit den Eindruck gewonnen, dass das AMS sorgsam mit dem Geld umgegangen sei.

Eine Kürzung des Förderbudg­ets des AMS würde das Angebot an Kursen, Beratungen und Bildungspr­ogrammen schmälern. Es könnten etwa weniger langzeitar­beitslose Menschen in sozialen Unternehme­n beschäftig­t werden. Vor allem ältere Arbeitslos­e tun sich auch bei guter Wirtschaft­slage schwer, wieder ins Berufslebe­n zurückzuke­hren. Sie wären von AMS-Budgetkürz­ung ebenfalls stark betroffen.

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