Field-Medaille für vier Genies der Zahlen
Beim Mathematikerkongress in Rio wurden ein Schweizer, ein Deutscher, ein Inder und ein Kurde geehrt.
Eine der höchsten Ehren, die Mathematiker zu vergeben haben, die Fields-Medaille, wird gern mit dem Nobelpreis verglichen. Allerdings gibt es diesen meist für Lebenswerke, deshalb sind die Geehrten oft gehobenen Alters. Bei den FieldsMedaillen hingegen, die 1936 zum ersten Mal vergeben wurden, ist seit 1950 eine Altersgrenze eingebaut: maximal 40 Jahre. Dahinter stand eine Intrige von Harald Bohr, dem jüngeren Bruder des Physikers Niels: Er wollte einen Kandidaten durchsetzen und einen anderen verhindern, er rechnete rasch die Möglichkeiten durch, und als er merkte, dass der andere 43 Jahre alt war und seiner Ende 30, lancierte er unauffällig die 40 (Nature 553, S. 271).
So viel Mathematik kann auch ein Laie nachvollziehen, mit dem Rest des geehrten Denkens haben selbst Fachkollegen Probleme: Ob es zehn oder hundert oder tausend Mathematiker gäbe, die mit ihm auf Augenhöhe diskutieren könnten, wurde einer der vier gefragt, die bei dem Mathematikerkongress in Rio de Janeiro mit dem Preis ausgezeichnet wurden, der 30-jährige Deutsche Peter Scholz, der an der Uni Bonn forscht und lehrt. „Eher zehn“, bedauerte er, der sich mit Arithmetischer Geometrie beschäftigt, die Verbindungen zwischen Zahlentheorie und geometrischen Objekten herstellt. Scholz hat dafür das Konzept des „perfektoiden Raums“entwickelt, in dessen Tiefen allerdings nach eigenem Bekunden nicht einmal sein Doktorvater vorstoßen konnte.
Das bedeutet nicht, dass solche Mathematik Glasperlenspielerei ist, ganz im Gegenteil, die Praxisrelevanz ist hoch, das zeigt sich an einem zweiten Preisträger, Alesso Figialli von der ETH Zürich. Dieser errechnet mit einer höchst komplexen Differenzialgleichung – der Monge-Amp`ere-Gleichung – etwa optimale Transportwege, es ist für die Stadtplanung so relevant wie für die Meteorologie, dort beschrieb Figialli die Formveränderung von Wolken. Weitere Preise gingen an den 36-jährigen Inder Akshay Venkatesh und den 40-jährigen Caucher Birkar, der als Kind kurdischer Bauern im Iran geboren wurde und nach Großbritannien emigrierte. Seine Fields-Medaille werde „ein kleines Lächeln auf die Lippen von 40 Millionen Kurden zaubern“, hoffte er. Aber kurz nach der Verleihung wurde ihm die Medaille gestohlen.