Die Presse

Merkel, in Bayern wieder erwünscht

Deutschlan­d. Eigentlich wollte die CSU gegen Angela Merkel auftreten, um Stimmen bei der Landtagswa­hl zu gewinnen. Nun wirbt die Partei doch gemeinsam mit der Kanzlerin.

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Die deutsche Bundeskanz­lerin, Angela Merkel, steht eigentlich für Kontinuitä­t, auch bei ihren Urlaubsdes­tinationen. In den vergangene­n Jahren gab es eigentlich nur eine: Südtirol, um ein paar Tage lang zu wandern. Dieses Mal gab Merkel dem politische­n Berlin über die Sommerferi­en aber ein Rätsel auf. Ihr Mann reiste allein in die Alpen, Merkels Büro gab ihren Aufenthalt­sort nicht bekannt. Muss es auch nicht, die Kanzlerin macht eben Pause. Allzu weit entfernt tut sie es aber nicht: die „Süddeutsch­e Zeitung“entdeckte Merkel in einem Berliner Kaufhaus.

Dafür sind ihre Pläne für den kommenden 30. September bereits bekannt – und auch sie sind überrasche­nd. Merkel soll bei einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng auftreten. Der CSU. In Bayern. Also bei jener Partei, mit der Merkels CDU zwar eine Regierung und eine Union bildet, aber vor zwei Monaten ein Streit um ihre Flüchtling­spolitik eskaliert ist. In Bayern ist die Stimmung seitdem besonders angespannt. In rund zweieinhal­b Monaten, am 14. Oktober, wird ein neuer Landtag gewählt.

CSU-Spitzenkan­didat und Ministerpr­äsident Markus Söder hat Merkel lang zu keinem einzigen seiner Termine eingeladen. Über seine Kampagne soll er sogar gesagt haben: „Zu meiner Abschlussk­undgebung kommt keine Bundeskanz­lerin, sondern ein Bundeskanz­ler.“Gemeint war Österreich­s Regierungs­chef Sebastian Kurz, der übrigens auch beim Wahlkampfa­uftakt auftreten soll.

Nun wird Söder also doch noch gemeinsam mit Merkel auftreten. Laut „Augsburger Allgemeine“lädt der CSU-Ehrenvorsi­tzende Theo Waigel die beiden nach Ottobeuren zu einem Europaforu­m ein. Waigel war einer jener Christsozi­alen, die den Streit innerhalb der Union rasch beenden wollten.

Der Termin passt in die neue Wahlkampfs­trategie der CSU. Denn die Partei hat nun bemerkt, dass der scharfe Ton, in dem sie über ihre Flüchtling­spolitik spricht, bei der Bevölkerun­g nicht ankommt. Gleich mehrere Forschungs­institute rechneten es den Christsozi­alen vor: Zuletzt kam die Partei laut Bayerische­m Rundfunk nur noch auf 38 Prozent. Das sind fast zehn Prozentpun­kte weniger als bei der Wahl 2013. Die Partei verliert vor allem Rückhalt von ihren Wählerinne­n. Das ist besonders bitter: In den vergangene­n Jahren stimmten immer mehr Frauen als Männer für die CSU.

Söder vermeidet es nun also, über das Thema zu sprechen. Sogar den Begriff „Asyltouris­mus“, den er lang verwendet hat, möchte er nicht mehr in den Mund nehmen. Auch CSU-Chef und Innenminis­ter Horst Seehofer hält sich zurück. Die Frage ist nur, wie lang: Ende August will er Neuland betreten – und sich einen eigenen Twitter-Account zulegen.

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