Es ist hart, eine Billionenfirma zu sein
Technologie. Apples weiteres Wachstum hängt davon ab, ob der Konzern auch abseits des iPhones Geschäftsfelder erschließen kann. Microsoft hat einen solchen Umbruch bereits gemeistert.
Am Donnerstag war es so weit: Apple hat bei seiner Marktkapitalisierung die Billionen-DollarGrenze übersprungen. Noch nie war ein börsenotiertes Unternehmen so hoch bewertet. Das Knacken dieser Marke ist ein Indiz mehr, dass das Börsengeschehen von den großen Technologieriesen aus den USA (Apple, Amazon, Alphabet, Microsoft, Facebook) und China (Baidu, Alibaba, Tencent) dominiert wird. Sie haben in den vergangenen Monaten und Jahren maßgeblich zum Höhenflug der Aktienmärkte beigetragen, kein Investor, der breit investiert sein will, kommt an ihnen vorbei. Doch wird das auch so bleiben?
Vor zehn Jahren sah die Welt ganz anders aus. Apple hatte gerade das iPhone vorgestellt. Die Unternehmen mit dem größten Börsenwert kamen jedoch aus dem Ölsektor und hießen Petro China und Exxon Mobil. Die Marktkapitalisierung des chinesischen Ölriesen belief sich Ende 2007 auf 724 Mrd. Dollar, jene des US-Konkurrenten auf 512 Mrd. Dollar. Der weltgrößte Handyhersteller hieß Nokia, und niemand schien den Platzhirsch vom Thron stoßen zu können. Inzwischen liegt Exxon mit einer Marktkapitalisierung von 338 Mrd. Dollar auf Platz zehn, und Nokia fristet als Netzwerkausrüster sein Dasein.
Die Erinnerung lässt bei vielen Anlegern die Frage aufkommen: Wo wird Apple in zehn Jahren stehen? Wie lang kann der Höhenflug des iPhone-Herstellers und der anderer Technologiekonzerne überhaupt noch weitergehen?
Apple ist mit einem Kurs-GewinnVerhältnis (KGV) von knapp 18 auf Basis der erwarteten Gewinne für 2018 nicht übertrieben teuer. Amazon etwa verfügt über ein dreistelliges KGV. Doch ist nicht auszuschließen, dass der iPhoneKonzern irgendwann an seine Grenzen stößt: Der Absatz von iPhones ist im zweiten Quartal nur noch um ein Prozent gestiegen, und wie weit sich der Durch- schnittspreis – er liegt derzeit bei 724 Dollar pro Handy – noch steigern lässt, ist ebenfalls offen. Auch die Umsätze mit Mac-Computern wuchsen nur noch dank der höheren Preise, der Absatz sinkt.
Freilich: Die hohen Margen sprechen für Apple. Kunden sind eben bereit, für Produkte des iPhone-Herstellers tief in die Tasche zu greifen. Zudem versucht Apple, sich ein zweites Standbein mit Services aufzubauen: Das Dienste-Geschäft, zu dem unter anderem die Erlöse mit Apps, Onlinespeicher und dem Musikangebot Apple Music gehören, ist um 31 Prozent auf 9,55 Mrd. Dollar gewachsen. Das ist aber noch nicht einmal ein Fünftel des Apple-Umsatzes. Somit bleibt die Frage, ob es Apple in Zukunft gelingt, in einem möglicherweise schrumpfenden Smartphone-Markt mit alternativen Angeboten zu bestehen.
Ein Unternehmen, das einen solchen Umbruch schon hinter sich hat, ist Microsoft. In den Nullerjahren stand der Konzern wegen der Dominanz seines Windows-Betriebssystems, an dem kaum jemand vorbeikam und das Microsoft mit anderen Services aus seinem Haus so verknüpfte, dass Konkurrenzprodukte kaum eine Chance hatten, unter der Kritik, Monopolist zu sein. Dann verschlief man das Smartphone. Während die Apple-Aktie zwischen 2000 und 2007 ihren Kurs verachtfachte, ging es für Microsoft um ein Drittel nach unten. Auch nach der Finanzkrise ging es seitwärts.
Das spät als Konkurrenz zu iOS und Android eingeführte Betriebssystem Windows Phone floppte. Die von Nokia übernommene Herstellung von Lumia-Handys hat Microsoft inzwischen auch eingestellt. Doch dann forcierte der Konzern ein anderes Geschäftsfeld: das Cloud-Geschäft mit ITDiensten im Internet. Dieses verhalf dem IT-Dinosaurier zu neuem Wachstum: 2015 erreichte die Microsoft-Aktie erstmals seit der Jahrtausendwende wieder ein Rekordhoch, seitdem hat sie sich noch einmal fast verdoppelt.
Dem einstigen Handypionier Nokia hingegen ist der Umstieg nicht gelungen. Das Unternehmen existiert zwar noch als Telekommunikationsnetz- und Softwarespezialist, an seine einstige Größe konnte der finnische Konzern aber nicht mehr anknüpfen. Von 1998 bis 2011 war Nokia die Nummer eins unter den Handyproduzenten gewesen, und niemand konnte sich vorstellen, dass Nokia in diesem Bereich den Anschluss verlieren könnte. Doch auch Nokia verschlief das Smartphone. Die Aktie liegt jetzt 90 Prozent unter ihrem Höchstwert aus dem Jahr 2000 und 85 Prozent unter dem Stand vor Ausbruch der Finanzkrise.
Amazon hingegen hat bereits mehrere Standbeine. Das Unternehmen ist zwar als Onlinehändler bekannt, Gewinnbringer ist aber das Geschäft mit Cloud-Diensten. Der starken Nachfrage nach Online-Speicherdiensten verdankt das Unternehmen, dass es seinen Gewinn im zweiten Quartal auf 2,53 Mrd. Dollar steigern konnte. Ein Jahr zuvor waren es erst 197 Mio. Dollar. Der Börsenwert von Amazon beläuft sich derzeit auf 892 Mrd. Dollar. Durchaus möglich, dass es als zweites Unternehmen die Billionen-Grenze knackt.