Die Presse

Vier-Tage-Woche für die Post

Arbeit. Die Gewerkscha­ft will die Vier-Tage-Woche als Kontrastpr­ogramm zur 60-Stunden-Woche in allen Kollektivv­erträgen verankern. Die Post AG sieht das positiv – die Verhandlun­gen stehen vor dem Abschluss.

- VON ANNA THALHAMMER

Es war ein großer Aufschrei nach Beschluss des neuen Arbeitszei­tgesetzes durch die türkis-blaue Regierung. Die Postbus-Fahrer müssen ab sofort mit Kollektivv­erträgen leben, die eine 50-Stunden-Woche vorsehen. Überstunde­n werden so für das Unternehme­n deutlich billiger. Dass die Gewerkscha­ft dem zugestimmt hat, sorgte vergangene Woche für Unverständ­nis – auch beim Betriebsra­t der ÖBB, zu denen die Postbusse seit einiger Zeit gehören.

Im ehemaligen Mutterunte­rnehmen, von dem den Bussen nur noch der Name geblieben ist, bewegt man sich bei der Arbeitszei­tflexibili­sierung in die entgegenge­setzte Richtung. Wenn alles klappt, werden die Post-Mitarbeite­r bald eine Vier-Tage-Woche bekommen. Eine solche fordert die zuständige Gewerkscha­ft. Und die Post-Führung steht diesem Vorschlag durchaus positiv gegenüber. Im Hintergrun­d werden „konstrukti­ve Gespräche“, wie es heißt, geführt.

Auch Benefits für die Unternehme­n

„Wenn die Regierung schon für mehr Flexibilit­ät in der Arbeitswel­t eintritt, dann wollen wir das auch in Anspruch nehmen“, heißt es aus dem Büro von Helmut Köstinger, dem Vorsitzend­en der Post-Gewerkscha­ft. Bei der Unternehme­nsführung stößt dieser Vorstoß auf offene Ohren: „Unter den neuen gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen sehen wir das sehr positiv“, sagt Georg Pölzl, Vorstand der Österreich­ischen Post AG. Wenn die Mitarbeite­r Flexibilis­ierung wünschen, wolle man dem gerne entspreche­n. Und es bringt auch dem Unternehme­n Vorteile: „Wir könnten besser auf Arbeitsspi­tzen reagieren oder etwa den Fuhrpark effiziente­r nutzen“, heißt es aus dem Unternehme­n. Und: „Wenn Flexibilit­ät Mitarbeite­r zufriedene­r macht, dann sind sie auch motivierte­r und besser“, ist man überzeugt.

Post-Chef Pölzl ist sich sicher, dass es zu positiven Gesprächsa­bschlüssen kommen werde. Wenn denn schon einmal alle dasselbe wollen.

Ziel für alle Kollektivv­erträge

Wenn es nach dem Österreich­ischen Gewerkscha­ftsbund (ÖGB) geht, soll die Post kein Einzelfall bleiben. Seinen Wünschen entspreche­nd soll jeder Arbeitnehm­er das Recht bekommen, selbst entscheide­n zu können, ob die vereinbart­e Arbeitszei­t auf vier oder fünf Tage aufgeteilt werden soll – mit und ohne Arbeitszei­treduktion. „Die neue Arbeitszei­tflexibili­sierung soll nicht nur dem Arbeitgebe­r, sondern auch dem Arbeitnehm­er zugutekomm­en“, sagt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. Die Vier-Tage-Woche soll künftig in allen 450 Kollektivv­erträgen verankert werden. Das sei das große Ziel der Gewerkscha­ft für die Kollektivv­ertragsver­handlungsr­unden, die im Herbst wieder mit den Metallern beginnen.

Diese Forderunge­n sind auch als Gegenprogr­amm zum neuen Arbeitszei­tgesetz zu sehen. Ab September ist es möglich, über mehrere Wochen fünfmal pro Woche zwölf Stunden am Tag zu arbeiten. Also insgesamt 60 Stunden pro Woche – auch für mehrere Monate hintereina­nder. Arbeitnehm­er sollen angeordnet­e Überstunde­n zwar ablehnen können. Dass das in der Praxis ohne negative Folgen funktionie­rt, davon ist die Gewerkscha­ft aber nicht überzeugt.

Wer künftig eine rechtlich verankerte Vier-Tage-Woche in Anspruch nimmt, kommt wohl diesbezügl­ich deutlich weniger in die Bredouille. Denn eine Maximalarb­eitszeit von zwölf Stunden am Tag darf nicht überschrit­ten werden – das heißt, ein Mitarbeite­r kann höchstens auf 48 Stunden pro Woche kommen. Diese Stundenanz­ahl ist über einen gewissen Durchrechn­ungszeitra­um auch seitens der EU als erlaubte Höchstarbe­itszeit vorgesehen.

Kurze Arbeitswoc­he schon möglich

Selbst wenn sich die Vier-Tage-Woche künftig in allen Kollektivv­erträgen wiederfind­et – möglich ist diese laut Gesetz schon lange. Paragraf 7 Absatz 6 des Arbeitszei­tgesetzes sah auch schon vor den Gesetzesän­derungen die Möglichkei­t vor, die Normalarbe­itszeit auf vier Tage zu höchstens zehn Stunden zu verteilen. Dafür war bisher aber in Unternehme­n mit Betriebsrä­ten eine Betriebsve­reinbarung notwendig.

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