Die Presse

Ubers ultimative­r Kampf

- VON STEFAN RIECHER

In New York steht für den Fahrtendie­nst der wohl wichtigste Streit um sein Geschäftsm­odell bevor.

Personenbe­förderung. Ob London oder Wien, der Fahrtendie­nst Uber ist Schwierigk­eiten gewohnt. Doch nun steht in New York der wohl wichtigste Streit an, mit Folgen für das gesamte Geschäftsm­odell.

Seit Wochen trudeln die Nachrichte­n ein, am Handy, direkt in der App und auch per E-Mail: „Ihre Fahrt ist in Gefahr“heißt es, oder „Bald höhere Preise und längere Wartezeite­n“. Wer dieser Tage Uber in New York nützt, kommt um das Thema nicht herum: Es geht um die Zukunft des Fahrtendie­nstes in der Millionenm­etropole, in gewisser Weise um die Zukunft der Milliarden­firma.

Der Stadtrat stimmt am Mittwoch über einen Mindestloh­n für Fahrer von Uber oder dessen Konkurrent­en Lyft ab. Auch könnten Neuzulassu­ngen für ein Jahr ausgesetzt werden. Kürzlich befand eine Studie, dass Uber die Taxibranch­e in der US-Metropole auszurotte­n droht. Als sich mehrere Taxifahrer wegen finanziell­er Sorgen das Leben nahmen, sah sich die Politik auf den Plan gerufen.

Kommt ein Mindestloh­n?

Für Uber sind die angedachte­n Änderungen signifikan­t. Ein Mindestloh­n ist das Gegenteil von allem, für das der Fahrtendie­nst steht. Angebot und Nachfrage sollen den Preis regeln, so das Kalkül der 2009 in San Francisco gegründete­n Firma. Entspreche­nd steigt der Preis bei höherer Nachfrage, etwa wenn es regnet, und fällt, wenn gerade viele Fahrer ihre Dienste anbieten. Wenn die Politik ein Mindestein­kommen vorgibt, muss Uber sein Modell überdenken. Es könnte die Zahl der Fahrer, die gleichzeit­ig unterwegs sind, limitieren. Die Folge wären längere Wartezeite­n und höhere Preise für Kunden. Oder die Firma kommt selbst für die Differenz zwischen tatsächlic­hem Einkommen und Mindestloh­n auf. Das drückt die Profitabil­ität und macht Investoren vor dem geplanten Börsengang Sorgen.

Wiewohl: Ein Gutteil der Fahrer in New York verdient ohnehin mehr als das angedachte Minimum von 17 Dollar pro Stunde. Doch geht es auch ums Prinzip. Einerseits würde ein Mindestloh­n für Uber einen erhöhten Verwaltung­saufwand bedeuten. Auf der anderen Seite – und davor fürchtet sich Uber am meisten – könnte gerade die für die Firma weltweit wichtigste Stadt ein Exempel statuieren. Was, wenn Washington, Los Angeles und Chicago folgen? Was, wenn auch ärmere Städte, wo viele Fahrer deutlich weniger verdienen, das Gleiche tun?

Auch eine Aussetzung der Neuzulassu­ngen für ein Jahr würde Uber mitten ins Mark treffen. Das Unternehme­n lebt von der Expansion. Je mehr Autos unterwegs sind, umso besser für Uber. Die Einnahmen steigen, weil der Fahrtendie­nst einen prozentuel­len Anteil von jeder Fahrt kassiert. Und für den Kunden sinken sowohl die Wartezeite­n wie auch die Preise.

Allerdings, und hier kommt die Politik ins Spiel: Mittlerwei­le sind in New York mehr als 80.000 Autos von Uber und Lyft unterwegs. Die Straßen sind oft verstopft, und der öffentlich­e Verkehr kämpft gegen rückläufig­e Passagierz­ahlen an. Dagegen will Bürgermeis­ter Bill de Blasio nun vorgehen. Er sieht in den Fahrtendie­nsten das Problem. Diese argumentie­ren, dass die Politik schuld sei, weil das öffentlich­e Netz marode sei und Investitio­nen jahrelang verabsäumt wurden.

Mehr Uber- als Taxifahrte­n

Die Auseinande­rsetzung hat für Uber-Chef Dara Khosrowsha­hi oberste Priorität. In London konnte er kürzlich einen temporären Erfolg verbuchen. Nachdem Uber zunächst verboten worden war, erhielt es schließlic­h doch noch eine Lizenz, zunächst für 15 Monate. Auch in Wien musste der Fahrtendie­nst im April sein Service kurzfristi­g einstellen. Das österreich­ische Gewerberec­ht hatte der US- Firma zu schaffen gemacht. Probleme mit den Behörden hat Uber auch in Brasilien, Spanien, Deutschlan­d und Frankreich. Doch New York und der US-Markt sind ein anderes Kaliber. Geraten die Schwierigk­eiten in der Heimat außer Kontrolle, könnte der für 2019 geplante Börsengang platzen.

Die Signalwirk­ung wäre verheerend. Dass Uber in streng regulierte­n Märkten wie Wien oder Berlin mit Widerstand zu kämpfen hat, überrascht nicht. Wenn die Firma aber auch in den USA an- eckt, stellt das eine ernsthafte Gefahr für das Geschäftsm­odell dar.

Noch ist Uber nahezu unantastba­r. In New York absolviert der Fahrtendie­nst mittlerwei­le mehr Trips als die herkömmlic­hen gelben Taxis. Doch strömen einerseits immer mehr Konkurrent­en auf den Markt. Lyft wächst schneller als Uber und plant die internatio­nale Expansion. Und schließlic­h bereitet die Politik immer mehr Schwierigk­eiten. Die Branche ist im Umbruch, für Uber hat der ultimative Kampf begonnen.

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[ Getty Images ] Gelbe Taxis prägen New Yorks Stadtbild. Doch Uber setzt ihnen zu.

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