Ubers ultimativer Kampf
In New York steht für den Fahrtendienst der wohl wichtigste Streit um sein Geschäftsmodell bevor.
Personenbeförderung. Ob London oder Wien, der Fahrtendienst Uber ist Schwierigkeiten gewohnt. Doch nun steht in New York der wohl wichtigste Streit an, mit Folgen für das gesamte Geschäftsmodell.
Seit Wochen trudeln die Nachrichten ein, am Handy, direkt in der App und auch per E-Mail: „Ihre Fahrt ist in Gefahr“heißt es, oder „Bald höhere Preise und längere Wartezeiten“. Wer dieser Tage Uber in New York nützt, kommt um das Thema nicht herum: Es geht um die Zukunft des Fahrtendienstes in der Millionenmetropole, in gewisser Weise um die Zukunft der Milliardenfirma.
Der Stadtrat stimmt am Mittwoch über einen Mindestlohn für Fahrer von Uber oder dessen Konkurrenten Lyft ab. Auch könnten Neuzulassungen für ein Jahr ausgesetzt werden. Kürzlich befand eine Studie, dass Uber die Taxibranche in der US-Metropole auszurotten droht. Als sich mehrere Taxifahrer wegen finanzieller Sorgen das Leben nahmen, sah sich die Politik auf den Plan gerufen.
Kommt ein Mindestlohn?
Für Uber sind die angedachten Änderungen signifikant. Ein Mindestlohn ist das Gegenteil von allem, für das der Fahrtendienst steht. Angebot und Nachfrage sollen den Preis regeln, so das Kalkül der 2009 in San Francisco gegründeten Firma. Entsprechend steigt der Preis bei höherer Nachfrage, etwa wenn es regnet, und fällt, wenn gerade viele Fahrer ihre Dienste anbieten. Wenn die Politik ein Mindesteinkommen vorgibt, muss Uber sein Modell überdenken. Es könnte die Zahl der Fahrer, die gleichzeitig unterwegs sind, limitieren. Die Folge wären längere Wartezeiten und höhere Preise für Kunden. Oder die Firma kommt selbst für die Differenz zwischen tatsächlichem Einkommen und Mindestlohn auf. Das drückt die Profitabilität und macht Investoren vor dem geplanten Börsengang Sorgen.
Wiewohl: Ein Gutteil der Fahrer in New York verdient ohnehin mehr als das angedachte Minimum von 17 Dollar pro Stunde. Doch geht es auch ums Prinzip. Einerseits würde ein Mindestlohn für Uber einen erhöhten Verwaltungsaufwand bedeuten. Auf der anderen Seite – und davor fürchtet sich Uber am meisten – könnte gerade die für die Firma weltweit wichtigste Stadt ein Exempel statuieren. Was, wenn Washington, Los Angeles und Chicago folgen? Was, wenn auch ärmere Städte, wo viele Fahrer deutlich weniger verdienen, das Gleiche tun?
Auch eine Aussetzung der Neuzulassungen für ein Jahr würde Uber mitten ins Mark treffen. Das Unternehmen lebt von der Expansion. Je mehr Autos unterwegs sind, umso besser für Uber. Die Einnahmen steigen, weil der Fahrtendienst einen prozentuellen Anteil von jeder Fahrt kassiert. Und für den Kunden sinken sowohl die Wartezeiten wie auch die Preise.
Allerdings, und hier kommt die Politik ins Spiel: Mittlerweile sind in New York mehr als 80.000 Autos von Uber und Lyft unterwegs. Die Straßen sind oft verstopft, und der öffentliche Verkehr kämpft gegen rückläufige Passagierzahlen an. Dagegen will Bürgermeister Bill de Blasio nun vorgehen. Er sieht in den Fahrtendiensten das Problem. Diese argumentieren, dass die Politik schuld sei, weil das öffentliche Netz marode sei und Investitionen jahrelang verabsäumt wurden.
Mehr Uber- als Taxifahrten
Die Auseinandersetzung hat für Uber-Chef Dara Khosrowshahi oberste Priorität. In London konnte er kürzlich einen temporären Erfolg verbuchen. Nachdem Uber zunächst verboten worden war, erhielt es schließlich doch noch eine Lizenz, zunächst für 15 Monate. Auch in Wien musste der Fahrtendienst im April sein Service kurzfristig einstellen. Das österreichische Gewerberecht hatte der US- Firma zu schaffen gemacht. Probleme mit den Behörden hat Uber auch in Brasilien, Spanien, Deutschland und Frankreich. Doch New York und der US-Markt sind ein anderes Kaliber. Geraten die Schwierigkeiten in der Heimat außer Kontrolle, könnte der für 2019 geplante Börsengang platzen.
Die Signalwirkung wäre verheerend. Dass Uber in streng regulierten Märkten wie Wien oder Berlin mit Widerstand zu kämpfen hat, überrascht nicht. Wenn die Firma aber auch in den USA an- eckt, stellt das eine ernsthafte Gefahr für das Geschäftsmodell dar.
Noch ist Uber nahezu unantastbar. In New York absolviert der Fahrtendienst mittlerweile mehr Trips als die herkömmlichen gelben Taxis. Doch strömen einerseits immer mehr Konkurrenten auf den Markt. Lyft wächst schneller als Uber und plant die internationale Expansion. Und schließlich bereitet die Politik immer mehr Schwierigkeiten. Die Branche ist im Umbruch, für Uber hat der ultimative Kampf begonnen.