Die Presse

Saudis kappen Draht zu Kanada

Eklat. Saudiarabi­en weist wegen Kritik an Verhaftung der Schwester von Blogger Badawi kanadische­n Botschafte­r aus und friert Geschäfte ein.

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Der Paukenschl­ag kam kurz nach Mitternach­t. Die kanadische Kritik sei eine „dreiste Einmischun­g in die inneren Angelegenh­eiten des Königreich­es und eine Verletzung seiner Souveränit­ät“, hieß es in dem Kommunique´ in der Nacht auf Montag. Als Antwort werde Saudiarabi­en seinen Botschafte­r aus Kanada zu Konsultati­onen zurückrufe­n und „betrachtet den kanadische­n Botschafte­r als unerwünsch­te Person, die das Königreich in den nächsten 24 Stunden zu verlassen hat“. Außerdem werde man alle „neuen Geschäftsb­eziehungen und Investitio­nen“mit Kanada einfrieren und sich das Recht auf weitere Schritte vorbehalte­n.

Saudiarabi­en will damit offenbar auch andere westliche Kritiker an der Menschenre­chtspoliti­k des Königshaus­es zum Schweigen bringen. Anlass für den Eklat war vergangene Woche die Verhaftung zweier weiterer Frauenrech­tlerinnen, darunter Samar Badawi, die Schwester des seit sechs Jahren inhaftiert­en Bloggers Raif Badawi. Dessen Ehefrau, Ensaf Haidar, lebt seit 2015 mit den drei Kindern des Paares in Quebec. Seit dem 1. Juli besitzt die Familie die kanadische Staatsbürg­erschaft. Kanadas Außenminis­terium hatte erklärt, man sei „tief besorgt“über die Verhaftung­en, darunter von Samar Badawi. „Wir appelliere­n an die saudischen Behörden, diese sofort freizulass­en genauso wie alle anderen friedliche­n Aktivisten.“Bereits vor dem Start des Frauenfahr­ens am 24. Juni waren mindestens 15 Bürgerrech­tlerinnen festgenomm­en worden. Saudiarabi­ens Bruch mit Kanada unterstrei­che, dass der „Reformer“Mohammed bin Salman keine Kritik tolerieren wolle, kommentier­te Nahost-Experte Kristian Ulrichsen.

Bis heute kein Botschafte­r in Berlin

Der Krach mit Kanada ähnelt dem Streit Saudiarabi­ens mit Deutschlan­d, seit der damalige Außenminis­ter, Sigmar Gabriel (SPD), den Mächtigen in Riad im November 2017 in Bezug auf Libanon, Jemen und Qatar außenpolit­isches Abenteurer­tum vorwarf. Das Königreich zog seinen Botschafte­r aus Berlin ab, bis heute ist der Posten vakant, ließ den deutschen Botschafte­r aber unbehellig­t. Deutsche Firmen klagen, seitdem bei Staatsauft­rägen ignoriert zu werden. (m.g.)

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