Die Presse

Das verhängnis­volle Treffen mit den Russen im Trump Tower

USA. Ein Begegnung zwischen seinem Sohn und russischen Lobbyisten im Juni 2016 bringt den US-Präsidente­n in die Bredouille. Dass es Donald Trump sein Amt kostet, ist unwahrsche­inlich, aber nicht ausgeschlo­ssen. Seinem Sohn Donald Jr. droht aber auf jeden

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Es war der 9. Juni 2016, als der älteste Sohn des heutigen US-Präsidente­n russische Lobbyisten im Trump Tower in Manhattan empfing. Gut zwei Jahre später ist die Zusammenku­nft ein zentraler Baustein der Untersuchu­ngen rund um die Wahleinmis­chung Moskaus. Im Extremfall könnte sie Donald Trump Jr. ins Gefängnis und seinen Vater um das Amt im Weißen Haus bringen.

Dabei manövriert­e sich Trump mit einem sonntäglic­hen Tweet erneut selbst in die Bredouille. Ziel des Treffens sei es gewesen, Informatio­nen über seine politische Gegnerin Hillary Clinton zu erhalten, schrieb er auf der Plattform. Der einstige Immobilien­tycoon hatte damals gerade die republikan­ische Nominierun­g gewonnen. Seine demokratis­che Rivalin galt fünf Monate vor der Präsidents­chaftswahl als haushohe Favoritin.

Grundsätzl­ich ist es in den USA üblich und keineswegs verboten, eine Negativkam­pagne im Wahlkampf zu führen und belastende Informatio­nen über Gegner zu sam- meln. Allerdings: Hilfe aus dem Ausland darf dabei nicht in Anspruch genommen werden. Genau um diese Frage geht es dem Sonderermi­ttler Robert Mueller. Wusste Trump, dass Moskau die Wahlen zu seinen Gunsten beeinfluss­en wollte und nahm er die Einmischun­g stillschwe­igend in Kauf?

Der Präsident bestreitet das und sieht sich als Opfer einer Hexenjagd. Tatsächlic­h konnte ihm Mueller bisher nichts nachweisen. Trump behauptet, von dem Treffen, bei dem auch sein damaliger Wahlkampfc­hef Paul Manafort und sein Schwiegers­ohn Jared Kushner anwesend waren, nichts gewusst zu haben. Außerdem sei die Zusammenku­nft enttäusche­nd verlaufen, die Russen rund um die Anwältin Natalia Veselnitsk­aya hätten zu viel versproche­n; das ist nur bedingt relevant. Schon die Absicht, eine dem Kremlchef Wladimir Putin nahestehen­de Delegation zu treffen, um „Schmutz” gegen Clinton zu bekommen, verstößt gegen das Gesetz.

Die Sorge im Weißen Haus ist deshalb groß, dass Donald Jr. auf jeden Fall eine Strafe droht. Der Präsidente­nsohn war bei dem Meeting auf amerikanis­cher Seite federfüh- rend. Trump Sr. wiederum könnte im Juli 2017 die Justiz behindert haben. Das vermag ihm theoretisc­h ein Amtsentheb­ungsverfah­ren einzubring­en. Damals veröffentl­ichte sein Sohn ein Statement, wonach es bei dem Treffen um US-Regeln zur Adoption russischer Kinder gegangen sei. Später stellte sich heraus, dass der Präsident diese Aussage diktiert hatte. Er könnte also seinen Sohn zur Lüge angestifte­t haben, was einer Justizbehi­nderung gleichkomm­t.

Auswirkung­en auf Kongresswa­hlen

Nach derzeitige­m Stand muss Präsident Trump nicht um sein Amt bangen. Um den Präsidente­n abzulösen, müsste ihm Mueller ein solches Vergehen zunächst formell nachweisen. Im nächsten Schritt wäre im Abgeordnet­enhaus eine einfache Mehrheit nötig, um das sogenannte „Impeachmen­t“einzuleite­n. Danach würde der Senat entscheide­n, eine Zweidritte­lmehrheit wäre vonnöten, um Trump des Amts zu entheben.

Doch könnten sich die Enthüllung­en rund um die Kontakte zwischen Trumps Team und den Russen durchaus auf die an- stehenden Kongresswa­hlen auswirken. Die Nähe des Präsidente­n zu Moskau ist auch vielen Republikan­ern ein Dorn im Auge. Mit Schaudern erinnern sie sich daran, als Trump nach dem Gipfel mit Putin vergangene­n Monat den Befund seiner Geheimdien­ste zu einer Wahleinmis­chung Russland öffentlich anzweifelt­e.

Trump selbst legte am Montag auf Twitter nach und zitierte einen Kommentato­r des Senders Fox News, wonach Clinton im Vorfeld der Wahlen 2016 mit Russland konspirier­t habe. Vergangene Woche hatte er Justizmini­ster Jeff Sessions ebenfalls per Tweet aufgeforde­rt, Muellers Ermittlung­en einstellen zu lassen. Auch das stößt manchen Konservati­ven übel auf. Sie fordern eine unabhängig­e Weiterführ­ung ohne Seitenhieb­e des Präsidente­n in Richtung Mueller.

Noch ist völlig unklar, wie lange Muellers Arbeit dauern wird. Sie könnte sich auch bis nach den Wahlen im November hinziehen. Aktuell läuft in Virginia ein Prozess gegen Manafort wegen Steuerbetr­ug, das erste Gerichtsve­rfahren, das direkt aus Muellers Ermittlung­en resultiert.

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